Herr Prof. Dr. Costa, vor ca. 25 Jahren wurden die ersten lichtemittierenden elektrochemischen Zellen (LECs) entdeckt, über die Sie kürzlich gemeinsam mit Prof. Pei von der UCLA eine Sonderausgabe im Journal „Advanced Functional Materials“ herausgegeben haben. Welche Vorteile gegenüber den allgegenwärtigen LEDs werden die LECs mitbringen und wann und in welchen Bereichen werden wir ihnen das erste Mal begegnen? Wie werden wir im Jahr 2050 Licht erzeugen? Mit LEDs oder mit LECs?
Zuerst würde ich gerne erklären, dass es zwei Familien an Leuchtsystemen gibt, die anorganischen LEDs und die organischen, zu denen OLEDs und LECs zählen. Die organischen Leuchtsysteme werden z.B. für große Beleuchtungsflächen oder flexible Bildschirme verwendet, was mit den Anorganischen nicht möglich ist.
LECs sind bisher die einfachste Art von organisch basierten Dünnschichtbeleuchtungsbauelementen. Sie bestehen aus nur einer aktiven Schicht, in der ionische Elektrolyte und Emitter vermengt sind. Sie können durch Spraycoating hergestellt werden und außerdem kann man bei ihnen luftstabile Elektroden wie Al, Ag oder Au verwenden. Durch diese tolerante Herstellungsweise konnten wir z.B. Leuchtelemente auf Gabeln, Druckerpapier oder Kleidungsstücken realisieren. Jedoch wird die leichte Handhabung mit einer mittelmäßigen Leistung bezahlt, verglichen mit OLEDs. Deswegen werden LECs eher im Bereich der Dekoration, Signalgebung oder intelligenten Kennzeichnung angewendet.
Was die Markteinführung angeht, kann man sagen, dass es im Moment weltweit schon drei Start-Up-Unternehmen gibt, die sogenannte elektrolumineszente Farben vertreiben. Diese beruhen auf dem LEC-Konzept. Trotzdem ist es für LECs aber tatsächlich schwer, die exzellente Performance von OLEDs oder anorganischen LEDs zu erreichen. Diese haben jedoch auch ihre Limitierungen: Die Herstellung von LEDs z.B. benötigt seltene Erden und das Recyceln dieser Materialien ist bisher nicht sehr effizient oder finanziell lukrativ. Das gefährdet die langfristige Zukunft von LEDs. Und OLEDs wiederum haben das Problem, dass ihre Herstellung generell sehr kostspielig ist. Für all diese Herausforderungen müssen wir in den nächsten Jahren Lösungen finden. Ich würde diese drei Beleuchtungstechnologien daher insgesamt eher nebeneinander und weniger als Konkurrenten sehen. Durch ihre verschiedenen Stärken eignen sie sich für unterschiedliche Anwendungen (Hausbeleuchtung, Bildschirme, intelligente Kennzeichnung, etc.) und ergänzen sich somit. Ich bin mir sicher, dass wir 2050 von allen drei Varianten verbesserte Versionen in unserem Leben sehen werden.
Sie sind in diesem Jahr mit dem FPdGi Scientific Research Award ausgezeichnet worden. Herzlichen Glückwunsch. Für welche Forschungsarbeiten haben Sie diesen Preis gewonnen? Ging es dabei auch um LECs?
Hierbei ging es um ein anderes Forschungsthema meiner Gruppe. Wie ich bereits erwähnte benötigen anorganische LEDs seltene Erden. Die weißen LEDs, die wir für unsere Wohnungen kaufen, bestehen aus einer blauen LED, die mit einem Farbfilter aus Yttrium, also einem Seltenerdmetall, überzogen ist. Dieser Filter wandelt das blaue Licht teilweise in gelblich-oranges Licht um und die Kombination daraus ergibt dann weißes Licht. Auf unserem Planeten gibt es jedoch nur noch 400.000 t davon und wir verbrauchen jedes Jahr 20.000 t für die weltweite LED-Produktion. Das sieht man auch an den Kosten des Filters, welche jetzt schon 20-30 % des Gesamtpreises einer LED ausmachen. Die nachhaltige Zukunft der LEDs in ihrer jetzigen Form ist also als sehr kritisch einzustufen. Deswegen haben wir nach einer Lösung gesucht und die sogenannten Bio-LEDs eingeführt. Wir ersetzen den anorganischen Farbfilter durch einen Farbfilter aus fluoreszierenden Proteinen. Diese Idee wurde zwar schon im Jahr 2000 vorgeschlagen, allerdings ist man damals zu der Schlussfolgerung gekommen, dass es unmöglich ist die Proteine außerhalb von Wasser zu stabilisieren. Die LED-Technologie akzeptiert aber eben kein Wasser. Die Frage, wie man diese Proteine für unsere Technologie verwenden kann blieb also offen, bis wir 2015 eine neue Polymerfamilie entdeckt haben, in der die fluoreszierenden Proteine über Monate und sogar Jahre selbst unter den Betriebsbedingungen in einer LED stabil blieben. Seit unserem ersten Bio-LED-Prototyp haben wir uns darauf konzentriert zu verstehen, wie die Proteine stabilisiert werden, welche Polymerdesigns die Besten sind, ob wir fluoreszierende Proteine selber entwickeln können, wie wir dieses Material in anderen Technologien verwenden können und welche tatsächlichen Auswirkungen diese Hybridtechnologie für unsere Zukunft haben könnte. Diese Auszeichnung hat all unsere bis dahin erreichten Beiträge hervorgehoben. Ich freue mich, dass es auf diesem Gebiet noch viel anderes zu erforschen gibt.
Wie Sie wissen, ist es eine der Hauptaufgaben der Kontaktstellen des Chemie-Clusters Bayern Forschung und Industrie zusammenzubringen. Welche Herausforderungen würden Sie zukünftig gerne gemeinsam mit einem Industriepartner angehen?
Bei der Entwicklung nachhaltiger Technologien gibt es noch viel zu tun. Toxische und Materialien mit knappen Ressourcen unserer heutigen Technologien müssen durch nachhaltige Materialien ersetzt werden. Das ist die nächste Herausforderung, die unserer technologischen Gesellschaft bevorsteht. Eine wichtige treibende Kraft ist hier die Industrie. Nur sie hat die Macht etwas tatsächlich in die Realität umzusetzen, um für die nächsten Generationen eine bessere Zukunft zu schaffen.
Von unserer Seite her können wir nur Möglichkeiten anbieten. Möglichkeiten z.B. den Wert von kommerziellen Vergussmaterialien (Polymere, Silikone, usw.), Farben (elektroaktive Tinten, Zusätze, usw.) und energiebezogenen Bauelementen (Beleuchtung und Photovoltaik) mittels biologischer Materialien wie fluoreszierende Proteine und Enzyme zu erhöhen. Ihr volles Potential kann unsere Laborexpertise jedoch nur in Zusammenarbeit mit der Industrie erreichen. Deshalb freue ich mich immer mit Industriepartnern über verschiedene Szenarien für neue Materialien oder Anwendungen zu diskutieren, um eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Prof. Costa absolvierte 2006 seinen Master in Chemie und erhielt 2010 seinen Doktor (Uni Valencia, IcMol) sowie mehrere nationale und internationale Auszeichnungen dafür. Von 2011 bis 2013 war er Humboldt-Fellow an der Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), wo er an nanokarbon-basierten Solarzellen forschte. 2014 leitete er als Liebig-Fellow das Labor „Hybride optoelektronische Materialien und Bauelemente“ an der FAU. 2017 wechselte er mit seiner Gruppe zu IMDEA Materials (Spanien) und erweiterte sein Team als außerordentlicher Professor zur Uni Waseda (Japan). Seit 2020 ist Prof. Costa ordentlicher Professor für „Biogene Funktionswerkstoffe“ an der TUM. Seine Forschung reicht von der Entwicklung und Herstellung bio-hybrider Materialien bis zu Herstellung und Optimierung optoelektronischer Bauelemente für Energieanwendungen (Beleuchtung/Photovoltaik) sowie medizinische Nutzen (Sensorik/Therapie). Sein Langzeitziel ist es, mit seinen optoelektronische Bauelemente das „green photonics“-Konzept zu erfüllen.