Hot Seat: ExoMatter – Team

Datum: 27 Sep, 2022

Heute begrüßen wir Barbara Prähofer, Dr. Friedemann Call und Dr. Josua Vieten von ExoMatter auf unserem Hot Seat. Das Start-up ExoMatter ist seit Mai diesen Jahres Mitglied im Chemie-Cluster Bayern. Herzlich willkommen! Mit den Gründer:innen unterhalten wir uns über die Vision von ExoMatter, die Vorteile der KI-basierten Plattform für Unternehmen und die Materialentwicklung und wagen einen Blick in die Zukunft.

Hallo ihr drei. Vielen Dank, dass du ihr euch Zeit für unser Interview nehmt. Mit eurer Plattform  MatterMine wollt ihr die Materialentwicklung revolutionieren und die Suche nach geeigneten und nachhaltigen Materialien erleichtern. Was ist so revolutionär an eurer Plattform und wie funktioniert diese?

Wir bringen Daten aus theoretischen Berechnungen, wissenschaftlichen Quellen und Preis- und Nachhaltigkeitsindikatoren zusammen und machen sie vergleichbar. Und das Ganze an einem Ort, leicht und von überall zugänglich. Zudem können eigene Messdaten der Kunden auf Wunsch hinzugefügt werden. Wirklich revolutionär ist unsere multidimensionale Analyse von bis zu vierzig Anwendungsparametern vieler tausender Materialkandidaten. So können wir sehr schnell eine Shortlist an Materialien erstellen, die für eine bestimmte Anwendung am besten und gleichzeitig am günstigsten und nachhaltigsten geeignet sind. Damit bekommen Kunden schneller bessere Ergebnisse und sparen viel Recherchearbeit und Laboraufwand ein.

Das Ganze kann man in ganz unterschiedlichen Bereichen anwenden. Wir konzentrieren uns auf anorganische Materialien in der Chemieindustrie, z.B. im Bereich Photovoltaik, Brennstoffzellen und Batterien, decken aber auch das produzierende Gewerbe ab.

Unsere Plattform funktioniert mithilfe unserer eigenen Algorithmen und Technologie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Dabei kommen moderne Methoden wie quantenchemische Simulationen und Machine Learning zum Einsatz.

Welche Vorteile bietet Eure Plattform Unternehmen und gibt es schon Praxisbeispiele für eine erfolgreiche Zusammenarbeit?

Grundsätzlich steigern wir die Effizienz und Effektivität in der Materialforschung und Entwicklung erheblich. Gleichzeitig bieten wir eine Lösung für ein digitales Wissensmanagement einer ganzen Branche. Die wichtigsten Vorteile sind:

  1. Der Materialentwicklungsprozess wird um bis zu 85% beschleunigt – vor allem bei breiten Materialscreenings. Das spart Zeit und Geld.
  2. Durch unsere Plattform können Anforderungen an das Material kombiniert und Materialien auf dieser Basis sortiert werden. Somit hat man die wichtigsten Eigenschaften immer im Blick. Auch wenn sich die Gewichtung im Laufe des Prozesses ändert, muss man nicht von vorne anfangen, sondern kann die Sortierung ganz bequem verändern.
  3. Wir finden eben auch die Materialdaten, die man bisher beim Kunden und manchmal sogar in der ganzen Branche noch nicht auf dem Schirm hatte. Das schaffen wir durch das Einbinden diverser Daten, aktueller Literatur, und mit schlauen Algorithmen und Maschinellem Lernen. Die Ergebnisse basieren nicht mehr auf dem Wissen einzelner und dem Zufall, sondern auf Daten. 
  4. Wir suchen Materialien multidimensional und optimieren gleichzeitig bis zu 40 Anwendungsparameter. Wir kombinieren sozusagen viele unterschiedliche Materialversuche und Untersuchungsmethoden in Einem. Damit durchbrechen wir den traditionellen Weg der Materialentwicklung, nacheinander das Material erst in einen dann in den anderen Versuchsaufbau zu stecken.
  5. Wie überall ist natürlich auch im Bereich der Materialentwicklung der Fachkräftemangel allgegenwärtig. Für jedes Thema müssen Expert:innen eingestellt werden und die Materialentwicklung kostet viel Zeit. Unsere Plattform ist für jeden und jede zugänglich und mit den Ergebnissen können alle auch ohne Detailwissen weiterarbeiten. Das spart dem Unternehmen Geld und Stress, neue Ressourcen zu rekrutieren und zu halten.
  6. Nicht zuletzt sind die Ergebnisse auf unserer Plattform immer up-to-date, da aktuelle Daten mit einbezogen werden. Wenn Materialwissenschaftler:innen auf demselben Informationslevel bleiben wollen, müssen Sie monatlich mehr als 100 Paper und Patente durchlesen. Durch unsere Plattform wird Zeit gespart und es muss nur noch relevante Literatur gelesen werden, die bei uns auf der Plattform bequem verlinkt ist. Gleichzeitig kann man so das Wissensmanagement digitalisieren und ist gewappnet, falls wichtige Angestellte das Unternehmen verlassen.

Wir haben erfolgreich Pilotprojekte und erste kommerzielle Implementierungen gestartet. Ein tolles Beispiel ist Carbyon, die Materialien suchten, die CO2 binden können und somit aus der Luft filtern. Hierbei wurden sehr gute Ergebnisse innerhalb kurzer Zeit generiert. Dieser Kunde ist vor allem auch spannend, da es auch ein Startup ist und sich keine eigene R&D-Abteilung leisten kann. Mit uns konnten Sie schnell Ergebnisse erreichen.

Wie seid Ihr auf die Idee gekommen ein Start-up zu gründen und wie habt ihr euch als Gründungsteam gefunden?

Die Idee hatte Josua, unser Materialentwickler und Chemiker im Unternehmen. Als Josua seine Doktorarbeit geschrieben hat und ein Material für solar-thermochemische Prozesse suchen musste, dachte er sich „das kann doch nicht sein, jahrelang Materialien durchzuprobieren, bis ich ein passendes Material gefunden habe. Das muss doch viel effizienter und besser funktionieren…“ Nach einiger Recherchearbeit wurde kein Anbieter oder Plattform gefunden, die das abbilden konnte. Somit hat Josua selbst angefangen zu programmieren und er hat passende Materialien in so kurzer Zeit gefunden, dass daraus eine Geschäftsidee wurde. Während seiner Zeit bei Celonis hat er die nötigen Einblicke in ein Software-as-a-Service-Unternehmen gewonnen und damit den letzten Impuls, seine Idee in die Tat umzusetzen. Um die technische Seite zu komplettieren hat er seinen ehemaligen Kollegen am DLR Friedemann, Physiker und Nachhaltigkeitsexperte, ins Boot geholt. Jetzt blieb nur noch die Frage „Wer bringt diese Idee an den Markt?“ Da haben Sie Barbara gefunden, eine Expertin für Business Development und Digital Sales, und zusammen gegründet.

Mit dem Blick in die Zukunft – wo seht ihr ExoMatter in ein paar Jahren? Was ist die langfristige Vision und welche Herausforderungen müssen auf diesem Weg überwunden werden?

In ein paar Jahren werden Tools wie unseres in der Materialentwicklung unverzichtbar sein. Wir konzentrieren uns dabei darauf, einen möglichst großen Teil der F&E-Prozesse zu digitalisieren und alle Daten an einem Ort zu managen. An ExoMatter wird in Zukunft niemand in der Materialentwicklung vorbeikommen. In ein paar Jahren wollen wir der Marktführer in diesem Bereich sein.

Aktuelle Herausforderungen sind zum einen die Finanzierung, um die Plattform und Algorithmen weiterentwickeln zu können. Zum anderen ist ein schneller Markteintritt gerade in so unruhigen Zeiten wie diesen kein Selbstläufer. Vor allem bei deutschen Unternehmen sehen wir die Zurückhaltung gegenüber digitalen & theoretischen Methoden. Wir müssen uns erst am Markt und bei Unternehmen beweisen und dafür brauchen wir mehr innovative Personen im Unternehmen, die sich trauen, neue Methoden in der Materialentwicklung zu benutzen.


ExoMatter ist ein Spin-Off aus dem deutschen Zentrum für die Luft-und Raumfahrt, welches im März 2022 gegründet wurde. Seit Anfang des Jahres wurde ExoMatter als GmbH von Josua, Friedemann und Barbara gegründet. Drei unterschiedliche Köpfe – von Chemiker, Physiker bis hin zu Businessexpertise- aber eine Vision: Die Materialentwicklung zu revolutionieren.

Infos zum Unternehmen:

ExoMatter GmbH, Leutstettener Str. 67, 81477 München.

info@exomatter.ai / www.exomatter.ai

LinkedIn: https://www.linkedin.com/company/exomatter/

Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=M_3pOqlnSus

Interessante Artikel:

Die Zeit: https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fangebote%2Fforschungskosmos%2Ftransfer-und-innovation%2Fdlr%2Fexo-matter%2Findex

Helmholtz Institut: https://www.helmholtz.de/newsroom/artikel/online-datenbank-fuer-nachhaltige-materialien/