Hot Seat: Dr. Max Siebert

Datum: 13 Dez, 2021

Heute begrüßen wir Dr. Max Siebert auf unserem HotSeat. Mit ihm sprechen wir über sein Start-up Replique, digitale Warenlager und die Blockade des Suez-Kanals.

Max, seit Februar letzten Jahres bietet Ihr mit Eurem Unternehmen Replique die erste vollständig verschlüsselte 3D-Druck-Plattform an. Kannst Du uns dies etwas genauer erklären?

Klar, sehr gerne. Kurz gesagt wollen wir mit unserer Lösung Ersatzteile zu jeder Zeit und überall, sozusagen auf Knopfdruck verfügbar machen. Hierfür haben wir eine Plattform entwickelt, auf der Erstausrüster (OEMs) Ersatzteile sicher und verschlüsselt in einem digitalen Warenlager speichern können. Zur Abwicklung von Bestellanfragen haben wir ein weltweites Netzwerk von industriellen 3D-Druck-Dienstleistern aufgebaut, die alle gängigen Materialien und Technologien anbieten können. Das Besondere: Durch das Einbinden von eigenem Knowhow und Partnern auf unserer Plattform können wir einen End-to-End Support anbieten – von der Teileidentifizierung und -qualifizierung bis hin zum Versand. Durch die Verschlüsselung aller Daten auf unserer Plattform kann zudem das geistige Eigentum und die Qualität der Original-Ersatzteile gesichert werden. Dadurch werden sowohl Produktionsparameter als auch die Anzahl der möglichen Druckvorgänge bei dem Auftragsfertiger fixiert. Wir archivieren somit auch genau für jedes Bauteil, wie es gefertigt wurde. Somit bilden wir alle Schritte in der Wertschöpfungskette ab.

Wer zählt zu Euren Kunden und wie funktioniert der Bestellprozess bei Replique?

Unsere Kunden kommen grundsätzlich aus allen Branchen, in denen Ersatzteile benötigt werden. Dies gilt unter anderem für Schwermaschinen, aber auch für die Transportindustrie, die Landwirtschaft, das Bauwesen und die Konsumgüterindustrie. Verfügbarkeit von Ersatzteilen ist von entscheidender Bedeutung, aber geringe Stückzahlen sind aufgrund der sehr mengengetriebenen Massenfertigung nur unter hohem Kostenaufwand umzusetzen. Mit Replique kann dieses Problem gelöst werden. So hat sich daher die Firma ALSTOM als Beispiel entschieden, mit uns zu arbeiten.

Der deutsche Hausgerätehersteller Miele ist ein gutes Beispiel aus der Konsumgüterbranche. Das Unternehmen nutzt unsere Plattform, um Kunden schnell und kosteneffizient neues Zubehör zur Verfügung zu stellen. Die vollständige Integration unserer Plattform in den Online-Shop ermöglichte die Umstellung auf dezentrale Fertigung. Die H. Gautzsch Firmengruppe mit Ihrer Marke Siena Garden hingegen nutzt unsere Plattform im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie, um Kunden mit „ewigen“ Ersatzteilen dauerhaft versorgen zu können und so die Produktlebenszyklen zu verlängern. Hier spielt unser digitales Warenlager eine entscheidende Rolle.

Der Bestellprozess ist sehr einfach und unkompliziert. Kunden bestellen Ersatz- oder Zubehörteile entweder intern über unsere Plattform oder über angebundene E-Commerce und ERP-Systeme. Geht ein Auftrag ein, wird dieser automatisch an einen unserer Auftragsfertiger weitergeleitet. Dieser druckt das Produkt nahe dem Endverbraucher und versendet es direkt an diesen.

Aktuell sind Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft die vorherrschenden Themen in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Welchen Beitrag könnt Ihr in diesem Bereich liefern?

Unsere Plattform kann in vielerlei Weise zu einer höheren Nachhaltigkeit beitragen. Durch eine nachfragebasierte Fertigung und unser digitales Warenlager wird Überproduktion und eine daraus resultierende Verschrottung/Obsoleszenz im Lager vermieden. Durch das dauerhafte Anbieten von Ersatzteilen kann sich auch die Lebensdauer von Produkten verlängern. Zudem reduziert die dezentrale Fertigung Transportwege und damit CO2-Emissionen.

Ich habe auf Eurer LinkedIn-Seite ein Bild des durch die Havarie der „Ever Given“ blockierten Suezkanals gesehen. Worin siehst Du hier den Zusammenhang zum 3D-Druck?   

Die Blockade des Suezkanals hat zu großen Lieferkettenunterbrechungen geführt, die noch immer zu spüren sind. Auch durch die Corona Pandemie sind solche Engpässe keine Seltenheit mehr. Mit 3D-Druck wollen wir Lieferketten resilienter machen. Denn durch unsere dezentrale Fertigung übergeht man weite Transportstrecken und vor allem auch die schwerfälligen Prozesse bei der Abwicklung der Sendungen, wie Buchungen, Zollformalitäten, etc. Ersatzteile sind auf Abruf verfügbar – dort wo sie benötigt werden und können, da die Fertigungsparameter virtuell schon auf die Maschinen erstellt sind, schnell in die Produktion gebracht werden. 3D Druck hat sich mittlerweile zu einer industriellen Fertigungsmethode entwickelt – wir helfen die Stärken des 3D Drucks mit unserer Plattform nutzbar zu machen. Mit einer Maschine können verschiedene Teile gefertigt werden, die Rüstzeiten und Fixkosten sind hier sehr niedrig, da z.B. keine Form oder ein Werkzeug hergestellt werden müssen.


Nach seiner Promotion am Max-Planck-Institut für Polymerforschung war Dr. Max Siebert mehrere Jahre bei der BASF in unterschiedlichen Positionen tätig, unter anderem als Leiter der Gruppe „Data-to-Value“ im Bereich der Digitalisierung. Gemeinsam mit Kollegen gründete er Anfang 2020 innerhalb des internen Geschäftsinkubators der BASF Replique, wo er derzeit als CEO tätig ist.

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