Hot Seat: Wim Noorduin – Mit leuchtender Wissenschaft gegen Blei

Im heutigen “Hot Seat” begrüßen wir Wim Noorduin, führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der selbstorganisierenden Materialien und Mitbegründer von Lumetallix. Mit innovativer Technologie zur Bleidetektion macht er unsichtbare Umweltgefahren sichtbar und zeigt, wie Forschung direkt zur Lösung globaler Herausforderungen beitragen kann.


Wim, Sie sind Mitbegründer von Lumetallix, einem Unternehmen, das Testkits zur sofortigen Bleierkennung anbietet. Können Sie uns ein wenig über Ihr Unternehmen und das wissenschaftliche Konzept dahinter erzählen?

Gemeinsam mit meiner Forschungsgruppe am AMOLF haben wir bei Lumetallix eine neue Methode zur Detektion des chemischen Elements Blei entwickelt. Der Kern der Idee ist, dass Blei in der Umwelt in einen Perowskit-Halbleiter umgewandelt wird, der ein hellgrünes Licht aussendet. So ist es leicht zu erkennen, wo sich Blei befindet. Wichtig ist, dass verschiedene Formen von Blei in den photolumineszenten Perowskit reagieren, während andere Metalle – selbst solche, die Blei sehr ähnlich sind, wie Zinn – nicht in eine lumineszierende Spezies reagieren. Außerdem ermöglicht die starke Photolumineszenz des Perowskits, selbst Nanogramm von Blei mit bloßem Auge zu erkennen.

Diese Kombination aus hoher chemischer Selektivität und Empfindlichkeit macht den Test besonders attraktiv. Dazu haben wir ein Testkit entwickelt, das Tropfflaschen und Sprühflaschen mit einem Reagenz enthält, um den Perowskit zu bilden, sowie UV-Licht, um die Photolumineszenz auszulösen. Der Test ist sehr einfach durchzuführen und liefert fast sofortige Ergebnisse, sodass er sich hervorragend für schnelle Screenings und die Kartierung von Bleivorkommen in der Umwelt eignet

Als Experte für selbstorganisierende Materie, insbesondere Kristallisationsprozesse, wie kamen Sie auf diese Idee?

Ich wurde durch eine Nachrichtensendung in Amsterdam auf das Problem der Bleibelastung aufmerksam. Dort berichtete man über Menschen, die durch Trinkwasserleitungen aus Blei eine Bleivergiftung erlitten. Ich war überrascht, dass dies immer noch ein Problem ist, und begann, mich in die Literatur einzuarbeiten. Zu der Zeit veröffentlichten UNICEF und Pure Earth – die größte NGO für Bleiverschmutzung – einen Bericht mit dem Titel „The Toxic Truth“. Dieser Bericht war für mich ein Augenöffner. Er besagt, dass weltweit etwa jedes dritte Kind – über 800 Millionen Kinder – an Bleivergiftung leidet. Das ist dramatisch, denn Bleivergiftung kann eine Vielzahl von Gesundheitsproblemen verursachen, darunter schwere und dauerhafte Hirnschäden. Besonders interessant war, dass der Bericht erklärte, dass die Bleidetektion der erste wesentliche Schritt zur Vermeidung von Bleivergiftungen ist, diese aber immer noch sehr schwierig ist.

Das brachte mich zum Nachdenken, vor allem über unsere Forschung an Perowskit-Halbleitern. Ich fragte mich, ob wir Blei aus der Umwelt in einen Perowskit-Halbleiter umwandeln könnten. Genau zu der Zeit kam der Lockdown durch COVID, und ich saß zu Hause fest. Mein Doktorand Lukas Helmbrecht hatte bereits intensiv an Perowskiten gearbeitet. Er schickte mir Chemikalien, und ich begann, Experimente zu Hause durchzuführen. Nach vielen unklaren Ergebnissen sprühte ich eine Perowskit-Vorläuferlösung auf das Dach meiner Nachbarn, um zu sehen, ob das Blei aus der Dachverkleidung reagieren würde. Das funktionierte wunderbar – das ganze Dach leuchtete hellgrün. Noch überraschender war, dass auch die Farbe des Fensterrahmens leuchtete. Es stellte sich heraus, dass es sich um bleihaltige Farbe handelte, die wir in einen photolumineszenten Perowskit umwandeln konnten. Diese zufällige Entdeckung löste eine ganze Reihe von Ereignissen aus. Meine Gruppe untersuchte die Empfindlichkeit und Selektivität des Tests, und parallel begannen wir, den Test in verschiedensten Bereichen anzuwenden – von Wasserleitungen und Kunststoffen bis hin zu Geschirr, Kinderspielzeug und vielen anderen Alltagsgegenständen.

Warum ist Blei ein Problem? Wofür wurde es verwendet, und welche Risiken birgt Bleiverunreinigung?

Das Problem mit Blei ist, dass es giftig ist. Eine Bleivergiftung kann eine ganze Reihe sehr ernsthafter Gesundheitsprobleme verursachen, von IQ-Verlust und Verhaltensproblemen bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Tod. Zwar stirbt man nicht sofort an einer Bleivergiftung, doch es ist so giftig, dass mittlerweile Einigkeit darüber besteht, dass es keine sichere Bleikonzentration gibt. Blei wird jedoch in vielen Bereichen eingesetzt, weil es billig ist und interessante Eigenschaften hat. Beispielsweise finden wir viel Blei in Glasuren von Geschirr, in Kunststoffen als Stabilisator und in Farben als Pigment.

Das Schwierige ist, dass Blei ein chemisches Element ist und sich daher nicht abbaut, sondern über lange Zeiträume Probleme verursachen kann, bis jemand das Blei entdeckt. Unser Test wurde beispielsweise verwendet, um Bleiverschmutzungen durch illegales Batterierecycling in Indien aufzudecken. Das Problem ist, dass man, sobald man die Bleiverunreinigung gefunden hat, entweder das Blei entfernen, es isolieren oder Menschen warnen muss, sich von dem verschmutzten Ort fernzuhalten. Der Umgang mit Bleiverunreinigung ist also ein komplexes, facettenreiches Problem. Daher arbeiten wir mit Fachleuten zusammen, die sich auf diese Probleme spezialisiert haben. Das Gute an unserem Test ist, dass das Problem jetzt direkt sichtbar wird.

Welche Anwendungsbereiche hat die von Ihnen entwickelte Technologie?

Es gibt viele Anwendungen, und wir entdecken immer wieder neue. Die Erkennung von Blei ist besonders interessant, um Bleiverschmutzung zu finden und so Bleivergiftungen zu verhindern. Schön an dem Test ist, dass er sehr skalierbar ist – Bürger können selbst testen – und dann von Experten beraten werden. Besonders ist, dass der Test die Gefahr direkt sichtbar macht. Das kann auch zur Aufklärung über Bleivergiftung und für Aktivismus genutzt werden, um Veränderungen zu unterstützen, indem gezeigt wird, wo gefährliche Bleiverunreinigungen vorliegen.

Was war der kurioseste Gegenstand, bei dem Sie bisher eine positive Bleikontamination festgestellt haben?

Oh, da gab es einige Überraschungen. Zum Beispiel einige brandneue Espressotassen, die ich in Deutschland gekauft habe. Ich war überrascht, weil diese Tassen in Europa hergestellt wurden. Auch eine Ecke der Küchenarbeitsplatte meiner Eltern war mit Bootslack beschichtet, der Blei enthielt. Und unser Hinterhof wurde mit Bleistaub bedeckt, als die Nachbarn ihre alte Farbe abschliffen.

Gehen Sie noch ohne ein Testkit aus dem Haus?

Natürlich nicht! Es gibt einfach zu viel Blei zu entdecken, und es ist gleichzeitig aufregend und beängstigend, zu sehen, wie alltägliche Gegenstände plötzlich grün leuchten.

Wim Noorduin leitet die Forschungsgruppe „Self-Organizing Matter“ am AMOLF und ist Professor mit besonderem Auftrag an der Universität Amsterdam. Er ist Mitbegründer und derzeit wissenschaftlicher Berater von Lumetallix, einem Unternehmen, das innovative photolumineszente Technologien zur Visualisierung und Bekämpfung von Bleiverunreinigung entwickelt.

Noorduins Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung physikalisch-chemischer Strategien zur Selbstorganisation komplexer Materialien und neuer chiraler Amplifikationsmethoden für die Synthese enantiomerenreiner Bausteine.

Derzeit umfasst seine Arbeit neue Ansätze zur Steuerung der Kristallisation, der Materialzusammensetzung, der Form und der hierarchischen Organisation mineralisierter Strukturen sowie die Entwicklung von physikalisch-chemischen Rückkopplungsmechanismen zur Selbstkorrektur und Verstärkung der Entstehung von Komplexität.

Der Text wurde mithilfe digitaler Hilfsmittel aus dem Englischen übersetzt.

Die deutsche Chemiebranche steht aktuell vor einer Vielzahl an Herausforderungen, die sowohl geopolitische als auch strukturelle Faktoren umfassen: fragile Lieferketten, hohe Energiekosten und regulatorische Anforderungen treffen insbesondere kleinere Unternehmen hart. Gleichzeitig bedrohen Überkapazitäten und Fachkräftemangel die Wettbewerbsfähigkeit.

Im Hot Seat beleuchtet Dr. Hermann Schiegg von Santiago Advisors mit uns diese zentralen Fragen: Welche Maßnahmen sind notwendig, um die Branche zukunftsfähig zu machen? Und wie können Unternehmen eigene Stärken nutzen, um den Wandel zu meistern?


Was sind aktuell die größten Herausforderungen für den Chemiestandort Deutschland?

Es gibt eine Reihe von Faktoren, die wir regelmäßig sehen: Die angespannte geopolitische Lage mit fragilen Lieferketten, die kostenintensive Umstellung der Energieversorgung bei gleichzeitigen Unsicherheiten im Netzausbau, die selbst auferlegten Standards der grünen Transformation. Parallel dazu belastet ein hoher bürokratischer Aufwand vor allem kleine und mittlere Unternehmen.

Insgesamt zeigt auch die geringe Investitionsbereitschaft aus dem Ausland und der Nettoinvestitionsabfluss, dass wir derzeit nicht in der Lage sind, unseren „Hochlohn- und Wenigarbeitsstandort“ durch andere günstige Rahmenbedingungen zu verteidigen. Branchenintern wird dies durch die weltweit vorhandenen Überkapazitäten verstärkt, da diese den Druck auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands erhöhen. Auch der demografische Wandel und der Fachkräftemangel machen sich in der Chemie bemerkbar und erfordern Anpassungsmaßnahmen.

Trotzdem möchte ich kein hoffnungsloses Bild zeichnen. Wer die Transformation aktiv mitgestaltet, kann dadurch Wettbewerbsvorteile erhalten, neue erzielen und damit langfristig profitieren.

Welche dieser Herausforderungen können wir selbst lösen?

Vor dem Hintergrund der vielfältigen Herausforderungen muss sich jedes Chemieunternehmen auf die eigenen Stärken besinnen. Darauf aufbauend kann ein strategisches Zielbild entwickelt und umgesetzt werden – was im Detail sehr unterschiedlich aussehen kann.

Es kann beispielsweise bedeuten, noch fokussierter auf Innovation und Spezialitäten zu setzen. Oder eine tiefere Integration in die Wertschöpfungsketten attraktiver Kundenbranchen anzustreben. Es kann bedeuten, sich stärker für Start-up-Kooperationen zu öffnen und sich dafür zu engagieren, dass die Wege zwischen Wissenschaft und Wirtschaft kürzer werden. Ebenso kann es sinnvoll sein, gezielt in profitable Bereiche und Regionen mit nachhaltiger Wachstumsperspektive stärker zu investieren, während weniger erfolgreiche Teile abgebaut oder verkauft werden. Eine Professionalisierung dieser Entscheidungen hilft, die Unternehmensstruktur zukunftsfähiger zu gestalten. Und, so ehrlich muss man sein, für manchen Standort kann es auch bedeuten, dass eine Stilllegung – im Blick auf das Gesamtunternehmen – die beste Option ist.

Was stimmt Sie zuversichtlich, dass dieser Wandel tatsächlich gelingen kann?

Die Erfahrung aus vergangenen Zeiten stimmt mich zuversichtlich. Die deutsche Industrie ist immer wieder gestärkt aus tiefen Krisen hervorgegangen. Zudem nehme ich derzeit in vielen Unternehmen wahr, dass der konstruktive Geist des “Wir packen’s an” zurückgekehrt ist beziehungsweise besonders herausgestellt wird. Bereits heute gibt es zahlreiche Initiativen, die zeigen, dass der Wandel möglich ist. Seien es Investitionen in grüne Technologien oder Kooperationen mit der Wissenschaft – der Mut und die Innovationskraft sind da.

Und nicht zuletzt häufen sich in jüngster Zeit auch Äußerungen aus der Politik, die auf eine Unterstützung dieser internen Anstrengungen durch verbesserte äußere Rahmenbedingungen hoffen lassen. Ich bin davon überzeugt, dass Deutschland als Wirtschaftsnation auf eine starke Industrie nicht verzichten kann. Und ich habe das Gefühl, dass dies zunehmend wieder von der Mehrheit so gesehen wird.


Gemeinsam mit Santiago Advisors diskutieren wir im Rahmen unseres Spotlights am 10.Dezember 2024 die Zukunft des Chemiestandorts Deutschland mit Impulsvorträgen von Dr. Hermann Schiegg und Dr. Bernhard Langhammer (ChemDelta Bavaria) sowie einer moderierten Podiumsdiskussion mit einem Panel an Expertinnen und Experten aus der Bayerischen Chemieindustrie. Teilnehmende sind eingeladen, Fragen zu stellen und mitzudiskutieren.

📅 10.12.2024

🕧 10:30 Uhr – 12:30 Uhr

🚩 Teams Webinar

Die Veranstaltung ist für Sie kostenfrei.


Dr. Hermann Schiegg (53) ist Mitgründer von Santiago Advisors und seit mehr als zwei Jahrzehnten als Top-Management-Berater tätig. Seine Schwerpunkte liegen in der Strategie- und Organisationsentwicklung mit einem Fokus auf Chemiestandorte. Darüber hinaus ist er Experte für Personal- und Innovationsmanagement und berät sowohl mittelständische Unternehmen als auch internationale Industriekonzerne.

Santiago Advisors ist eine Top-Management-Beratung für Strategie und Organisation. Seit ihrer Gründung im Jahr 2008 unterstützt sie mit über 50 Beratern von Deutschland aus das Wachstum globaler Marktführer, insbesondere in der Chemie-, Life-Sciences- und Hightech-Industrie. Santiago Advisors entwickelt ganzheitliche, innovative und tragfähige Konzepte, die durch die Kombination von konzeptioneller Stärke mit datengestützten Methoden sowie einer engen Zusammenarbeit mit ihren Kunden entstehen.

Mit einer Pre-Seed-Finanzierung von 1,7 Millionen Euro startet das Münchner KI-Startup ExoMatter in die nächste Wachstumsphase. Wir gratulieren Barbara Bachus und Josua Vieten, die gemeinsam ExoMatter gegründet haben zum erfolgreichen Abschluss der Finanzierungsrunde.

Aus gegebenem Anlass begrüßen wir ExoMatter Co-Founderin Barbara Bachus auf unserem Hot Seat, um über ihre Plattform für digitale Materialentwicklung zu sprechen.

Im Rahmen unseres nächsten Spotlights am 19.11. besteht darüber hinaus die Gelegenheit, die Technologie von ExoMatter im Webinar live zu erleben. Dort stehen Ihnen Josua Vieten Rede und Caicedo-Dávila, dem Leiter des Delivery Teams, Antwort.


Viele Unternehmen in der chemischen Industrie stehen vor der Herausforderung, ihre Materialentwicklung nachhaltiger und effizienter zu gestalten. Wie genau unterstützt sie die ExoMatter-Plattform dabei?

Die ExoMatter Plattform bietet Chemikern, Physikern und Materialwissenschaftlern Zugriff auf Millionen von Materialien. Unser Team reichert diese Materialien mit Hilfe von Machine Learning in 5 Bereichen an: chemische, physikalische und technische Eigenschaften sowie Kosten und Nachhaltigkeit. Die Eigenschaften können dann als Suchkriterien genutzt oder gezielt für das jeweilige Projekt berechnet werden, um eine Liste der am besten geeigneten Materialien für jede Anwendung zu ermitteln.

Die erste Phase der Materialsuche kann somit digitalisiert werden und nachfolgende Laborexperimente können sich auf die vielversprechendsten Materialkandidaten konzentrieren ohne unnötige Schleifen zu ziehen. Das bedeutet eine enorme Reduktion der Entwicklungszeit, sowie auch der damit verbundenen Ressourcen. Nachweilich können die Entwicklungskosten bis zu 90% gesenkt werden.

Der Nachhaltigkeitsaspekt – insbesondere die Abfrage der CO₂-Bilanz eines Materials – spielt in der Zusammenarbeit für unsere Kunden häufig eine zentrale Rolle. ExoMatter unterstützt sie dabei, neue, innovative Materialien schneller und kosteneffizienter auf den Markt zu bringen.

Die Entwicklung neuer Materialien dauert traditionell oft Jahre und bindet viele Ressourcen. Könnt ihr uns an einem konkreten Beispiel erläutern, wie sich der Entwicklungsprozess mit ExoMatter beschleunigt?

Das ist genau der Punkt: Die Materialentwicklung kann gerne bis drei, vier oder gar fünf Jahre in Anspruch nehmen. Weder mittelständische Unternehmen noch DAX-Konzerne haben heute diese Zeit. Häufig werden wir angesprochen, wenn ein dringender Bedarf besteht, zum Beispiel wenn neue EU-Vorschriften in Kraft treten und umgesetzt werden müssen oder bei Lieferengpässen – wie während der Pandemie oder aufgrund geopolitischer Veränderungen und des Klimawandels. Hier ist schnelles Handeln gefragt, und die Materialforschung mit ExoMatter ermöglicht dank des Zugriffs auf Millionen von Materialien innerhalb von Sekunden einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.

Nehmen wir als konkretes Beispiel die Herstellung von Gefriertruhen. Geräte, die vor 5 Jahren das Energieeffizienzlabel A+++ erzielt hatten, werden nun in einer neuen Einteilung auf B, C oder gar D eingestuft. Sinn der neuen Messlatte ist es, Hersteller zu animieren, effizientere Geräte zu entwickeln, um so wieder die gewohnte Alpha-Position erreichen zu können. Innovative Materialien sind der entscheidende Schritt auf diesem Weg, ebenso eine kurze Entwicklungszeit. Hier kann ExoMatter Herstellern schnell und problemlos einen gewaltigen Vorteil verschaffen.

Viele Mittelständler scheuen noch den Einstieg in KI-gestützte Prozesse. Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen erfüllen, um die Plattform nutzen zu können, und wie gestaltet sich die Integration in bestehende Entwicklungsprozesse?

Das ist das Schöne an ExoMatter. Unsere Kunden profitieren von den Materialeigenschaften, die unsere Algorithmen bereits im Voraus berechnet haben. Sie können auf der Plattform aber auch nach eigenen Zielvorgaben detaillierte Materialeigenschaften in Sekundenschnelle berechnen lassen – und das ganz ohne eigene KI-Experten einstellen oder ausbilden zu müssen.

Die Plattform ist benutzerfreundlich, und Forscher können mühelos eine Vielzahl von Kriterien parallel abfragen. So lassen sich iterative Suchprozesse vermeiden, bei denen man möglicherweise erst nach mehreren Durchläufen entdeckt, dass eine Eigenschaft wie beispielsweise Beschaffungskosten ein K.O.-Kriterium darstellt.

ExoMatter ist im SaaS-Modell verfügbar. Das bedeutet, dass bereits ein einfacher Internetbrowser ausreicht, um auf die Plattform zuzugreifen. Durch das Jahresabo wird zudem sichergestellt, dass man stets von aktualisierten Daten profitiert, während das ExoMatter-Team kontinuierlich neue Datenquellen integriert und weitere Eigenschaften im Hintergrund berechnet.

Gibt es noch etwas, was ihr unseren LeserInnen mit auf den Weg geben wollt?

Materials Informatics ist ein stark wachsender Bereich, und wir gehen davon aus, dass Plattformen wie unsere in wenigen Jahren als Standardtool in den meisten produzierenden Unternehmen in Deutschland eingesetzt werden. Early Adopters haben bereits jetzt einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, ohne ein signifikantes Risiko eingehen zu müssen.

Bislang nimmt ExoMatter europaweit eine Vorreiterrolle ein, und wir freuen uns, durch das Investment unsere Plattform weiter mit zusätzlichen Materialien und abrufbaren Eigenschaften anreichern zu können.

Vielen Herzlichen Dank! Wir freuen uns schon auf das kommende Spotlight, wo wir eure Plattform live erleben zu dürfen!


Erfahren Sie, wie digitale Material-entwicklung Aufwand und Kosten reduzieren und die Produktentwicklung beschleunigen kann. Und erleben Sie live, wie die Plattform von ExoMatter Sie dabei unterstützen kann.

📅 19.11.2024

⏱️ 11:00 – 12:00 Uhr

🚩 Online (MS Teams)


Heute begrüßen wir Innokentij Bogatykh stellvertretend für das dreiköpfige Gründerteam von ModelForge auf unserem Hot Seat. Das Start-up aus Augsburg revolutioniert die KI-basierte Prozessoptimierung für die Chemieindustrie. Wir sprechen mit dem Team über ihre Mission, die Herausforderungen in der Branche und wie ihre Technologie diese adressiert.


Hallo liebes Team von ModelForge. Könnt Ihr uns einen Überblick über ModelForge und seine Mission geben?

Wenn wir über Prozessoptimierung in der chemischen Industrie sprechen, ist dies bereits ein anspruchsvolles Ziel, das bisher nur mit größeren Investitionen erreichbar ist. Daher werden solche Projekte vor allem in der großtechnischen Industrie umgesetzt, die über das nötige Kapital verfügt. Bei der Prozessoptimierung handelt es sich um modellgestützte mathematische Optimierung im strikten Sinn von „besser geht nicht“. Genau hier liegt das große Bottleneck: die Modellerstellung.
Die Mission von ModelForge besteht darin, das produzierende Gewerbe – besonders kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) – zu befähigen, optimale Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen. Durch die Integration von Künstlicher Intelligenz in die Modellerstellung und Optimierung über eine selbstentwickelte Software ist ModelForge in der Lage, dieses Ziel zu erreichen.

Welche spezifischen Herausforderungen in der Chemieindustrie adressiert Eure Softwarelösung?

Unsere Softwarelösung zielt darauf ab, mehrere spezifische Herausforderungen in der Chemieindustrie zu bewältigen:

  1. Komplexität der Prozesse: Chemische Prozesse sind oft sehr komplex mit vielen Eingaben und Wechselwirkungen. Die Optimierung dieser Prozesse ist schwierig, da häufig nur einzelne Teile betrachtet werden, ohne das Gesamtsystem zu berücksichtigen.
  2. Änderungen und Störungen: Prozesse ändern sich häufig, beispielsweise durch Variationen im Feedstock, Alterungsprozesse oder Umgebungsstörungen, was kontinuierliche Anpassungen erfordert.
  3. Suboptimale Verbesserungsansätze: Aktuell wird die Verbesserung von Prozessen oft durch Erfahrungswissen und Trial-and-Error-Methoden erreicht. Dies führt zu suboptimalen Ergebnissen und ist sowohl kosten- als auch zeitintensiv.
  4. Hohe Beratungskosten: Externe Consultingdienstleister sind teuer und steigern oft nicht das interne Know-how.

Unsere Software ermöglicht es Unternehmen, digitale Zwillinge ihrer chemischen Prozesse selbst zu erstellen und zu verwalten. Diese Zwillinge passen sich selbstständig an Prozessänderungen an, sagen Störungen voraus und schlagen Betriebsparameter-Anpassungen vor. Dadurch haben Unternehmen die volle Kontrolle und Gewissheit, dass ihre Prozesse optimal betrieben werden.

Wie funktioniert die KI-basierte Prozessoptimierung in Eurer Software und welche Vorteile bietet sie im Vergleich zu herkömmlichen Methoden?

Unsere Software nutzt KI-basierte Prozessoptimierung, um optimale Betriebsparameter für spezifische Qualitätsmerkmale oder Wirtschaftlichkeitskriterien zu finden. Diese Optimierung erfordert eine genaue Quantifizierung der Zusammenhänge zwischen Eingangs- und Ausgangsgrößen, die durch Prozessmodelle erreicht wird. Traditionell werden diese Modelle manuell von Experten erstellt und durch teure Versuchskampagnen validiert. Hier setzt unsere KI an:

  1. Integration von Prozessverständnis und Messdaten: Die KI verknüpft bestehendes Prozessverständnis mit realen Messdaten, wodurch eine präzisere und dynamischere Optimierung ermöglicht wird.
  2. Beratende Rolle der KI: Die KI identifiziert Bereiche, in denen Messdaten fehlen, und schlägt vor, welche Betriebsparameter angepasst werden sollten, um einen optimalen Betrieb zu erreichen.
  3. Effizienzsteigerung: Durch die Nutzung von KI kann der Aufwand zur Realisierung eines optimalen Betriebs auf 25-50% im Vergleich zu herkömmlichen Methoden reduziert werden. Herkömmliche Methoden wie statistische Versuchsplanung oder aufwändige modellbasierte Konzepte sind wesentlich zeit- und kostenintensiver.

Insgesamt bietet unsere KI-basierte Prozessoptimierung eine effizientere, präzisere und kostengünstigere Möglichkeit, chemische Prozesse zu optimieren, indem sie das vorhandene Prozesswissen intelligent mit aktuellen Messdaten verknüpft.

Könnt ihr uns Beispiele für erfolgreiche Anwendungen Eurer Werkzeuge in der Industrie nennen?

Im Rahmen des Projekts „KI-Inkubator-Labore in der Prozessindustrie – KEEN“, gefördert durch das BMWK (Förderkennzeichen 01MK20014T), konnte der Betrieb einer existierenden Batchrektifikationskolonne durch den Einsatz von KI optimiert werden. Dabei wurde die Dauer der Batchzyklen verkürzt, ohne die Qualität und Quantität des Destillats zu beeinträchtigen. Der Ausgangspunkt war ein einfaches, unzureichend genaues Prozessmodell, das mithilfe gespeicherter Messdaten von Batchzyklen mit geringem Informationsgehalt, wie es beim Betrieb chemischer Prozesse üblich ist, über KI-Methoden an die Realität angepasst wurde.

Weitere Studien wurden mit reaktiven Systemen und Kristallisatoren durchgeführt. Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Anwendungsfällen, bei denen ähnliche Herausforderungen in der Modellierung auftreten.

Vielen Dank für die spannenden Einblicke!


ModelForge entstand aus dem Wunsch, neueste Forschungsergebnisse der Prozessmodellierung in die Industrie zu bringen. Zu oft verschwinden vielversprechende Ergebnisse in der Schublade. Wir sind überzeugt, dass die neuesten Entwicklungen das Potenzial haben, die chemische Industrie zu revolutionieren. Mit unserem Know-how möchten wir einen bedeutenden Beitrag dazu leisten.

ModelForge möchte die Lücke zwischen Forschung und industrieller Anwendung schließen. Mit einem engagierten Team und einer klaren Vision arbeiten wir daran, die chemische Industrie durch innovative Prozessmodellierung zu unterstützen.

Innokentij Bogatykh leitet die strategische Ausrichtung von ModelForge und schließt derzeit die Promotion in Verfahrenstechnik an der Technischen Universität Berlin ab. Mit einem Abschluss in angewandter Forschung in Verfahrenstechnik und zahlreichen erfolgreich abgeschlossenen Industrieprojekten kennt er die speziellen Herausforderungen, Forschungsergebnisse in die Praxis zu überführen.

Gerardo Brand Rihm ist für die technische Leitung bei ModelForge verantwortlich. Er verfügt über fundierte Fachkenntnisse, die er durch zwei Studienabschlüsse in Wirtschaftsingenieurwesen und Verfahrenstechnik sowie seine Promotion an der TU Berlin erworben hat.

Teslin Roys, unser verantwortlicher Softwarearchitekt, bringt fast zwei Jahrzehnte Erfahrung in der Softwareentwicklung sowohl in der Wissenschaft als auch in der Industrie mit. Seine Expertise umfasst Anwendungen in den Bereichen maschinelles Lernen, Grafik und Full-Stack-Webentwicklung. Mit Abschlüssen in Informatik und Computerlinguistik ist er bestens qualifiziert, die softwaretechnischen Aspekte von ModelForge zu leiten.

Heute begrüßen wir Dr. Roland Appel auf unserem Hot Seat. Er ist seit August 2024 Geschäftsführer bei den Bayerischen Chemieverbänden – das sind der Arbeitgeberverband VBCI und der Wirtschaftsverband VCI Bayern. Sie koordinieren die Meinungsbildungsprozesse innerhalb der Chemie- und Pharmabranche im Freistaat und vertreten ihre wirtschafts- und sozialpolitischen Interessen gegenüber Politik, Behörden, Tarifpartnern und der Öffentlichkeit.

Herr Appel erläutert die Ziele der Verbandsarbeit, erläutert Unterstützungsmöglichkeiten für Unternehmen und beleuchtet die Zusammenarbeit mit der Staatsregierung. Lesen Sie das vollständige Gespräch, um zu erfahren, wie die Bayerischen Chemieverbände sich für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen einsetzen und die Branche bei aktuellen Herausforderungen unterstützt.


Lieber Roland, herzlichen Glückwunsch zu Deiner neuen Position als Geschäftsführer bei den Bayerischen Chemieverbänden. Wir wünschen dir für diese Aufgabe viel Erfolg.

Welche Hauptziele verfolgst du als neuer Geschäftsführer und welche Hauptaufgaben siehst du für die Chemieverbände in Bayern, um die Interessen der chemischen Industrie bestmöglich zu vertreten?

Die Chemie- und Pharmabranche ist das Herz der deutschen Industrie. 95 Prozent aller Industrieerzeugnisse basieren auf Chemieprodukten – letztlich gibt es wohl nahezu keine Branche, die ohne Chemieprodukte auskommt! Chemieinnovationen sind zugleich Voraussetzung und Schlüssel für eine nachhaltige Transformation, egal ob beim Klimaschutz, der Digitalisierung, dem Gesundheitsschutz oder der Ernährungssicherung.

Diese Relevanz muss noch viel stärker in das Bewusstsein von Politik und Gesellschaft vordringen. Denn unsere Branche hat sich auf den Weg in die klimaneutrale Transformation ihrer Prozesse gemacht – findet aber leider zunehmend schlechtere Rahmenbedingungen am Standort Deutschland vor. Im internationalen Vergleich zu hohe Energiekosten, Arbeitskosten, Steuerbelastungen und die erheblichen Komplexitätskosten durch Überregulierung: Diese strukturellen Herausforderungen muss die Politik jetzt dringend und nachhaltig angehen. Hier bringen wir uns als Branchenvertretung intensiv ein.

Bayern ist ein wichtiger Chemiestandort in Deutschland. Wie arbeiten die Chemieverbände mit der bayerischen Staatsregierung zusammen, um die Rahmenbedingungen für die Chemieindustrie im Freistaat zu verbessern und welche Erfolge konnten hier bereits erzielt werden?

Genau, Bayern ist ein wichtiges Chemieland – mit innovativen Unternehmen in allen Größen (zumeist aber mittelständisch geprägt!), mit wichtigen Chemieregionen wie dem ChemDelta Bavaria aber auch mit exzellenten universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Das ist auch der Staatsregierung bewusst. Als Stimme von Chemie und Pharma sind wir mit Politik und Verwaltung in kontinuierlichem Austausch – von den großen standortpolitischen Fragen bis hin zu detaillierten technisch-fachlichen Einschätzungen. Das gilt für Bayern aber natürlich auch auf Bundes- und Europaebene – hier im Schulterschluss mit unseren Bundesverbänden VCI und BAVC.

Dabei ist für uns eine seriöse, transparente und faktenbasierte Interessenvertretung eine Selbstverständlichkeit. Formate wie der Bayerische Pharmagipfel und die gemeinsamen Erklärungen zur Stärkung des Pharmastandorts, im Umwelt- und Klimapakt Bayern erarbeitete Handlungsempfehlungen für die Optimierung von Genehmigungsverfahren bis hin zur politischen Unterstützung für wichtige Infrastrukturprojekte (z.B. eine zusätzliche 380-kV-Leitung für die klimaneutrale Transformation des bayerischen Chemiedreiecks) sind einige Beispiele für den Wert eines kontinuierlichen Branchendialogs. Im Übrigen haben sich die Bayerischen Chemieverbände auch von Anfang an in die Cluster-Offensive des Freistaats eingebracht und sind enger Partner des Chemie-Clusters Bayern. Hier kann man von einem echten Erfolgsmodell sprechen!

Die Chemieindustrie steht vor großen Herausforderungen wie Energiewende, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Wie unterstützen die Bayerischen Chemieverbände ihre Mitgliedsunternehmen konkret bei der Bewältigung dieser Aufgaben?

Das Dienstleistungsportfolio unseres Verbändenetzwerkes ist sehr weitreichend. Kernaufgabe ist die Interessensvertretung, also die Aggregation der Branchenmeinung und das Vertreten dieser Positionen als ein Bindeglied zwischen Unternehmen, Politik, Administration und Öffentlichkeit. Im Fokus stehen bestmögliche Rahmenbedingungen für nachhaltige industrielle Wertschöpfung in Bayern – und dies in den unterschiedlichsten Facetten und Politikbereichen (wie Umwelt, Energie, Innovation, usw.).

Aber Verbandsarbeit ist natürlich noch viel mehr. Von der Erarbeitung von Leitfäden und konkreten Unterstützungsmaterialien (z.B. für die Umsetzung der Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der Nachhaltigkeitsinitiative Chemie3) über die Vernetzung und dem praktischen Erfahrungsaustausch (z.B. zur weiteren Verbesserung der Arbeitssicherheit) bis hin zur cross-medialen Öffentlichkeitsarbeit gibt es viele Aktivitätsfelder.

Herausgreifen möchte ich auch noch den Service im arbeitsrechtlichen Bereich. Denn auf Seiten des Arbeitgeberverbandes VBCI werden nicht nur Tarifverträge mit unserem Sozialpartner ausgehandelt. Unser Team an Juristinnen und Juristen ist ein echtes Kompetenzzentrum und berät die Unternehmen in vielen arbeitsrechtlichen Fragen. Überhaupt ist eines der größten Assets unseres Verbandshauses das hochengagierte und professionelle Team, das sich leidenschaftlich für die Belange unserer Branche einsetzt!

Lieber Roland, vielen Dank für die Einblicke. Wir freuen uns sehr auf die weitere Zusammenarbeit!


Dr. Roland Appel (41) studierte Chemie und Biochemie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er 2011 auf dem Gebiet der physikalisch-organischen Chemie promovierte. Nach einem Postdoc-Aufenthalt an der Harvard University startete er seine berufliche Laufbahn 2013 in einer Schnittstellenfunktion zwischen dem Chemie-Cluster Bayern und den Bayerischen Chemieverbänden, zu denen er 2014 als wirtschaftspolitischer Referent wechselte und seither mehre Stationen durchlaufen hat. Im August 2024 wurde Roland Appel zum Geschäftsführer bei den Bayerischen Chemieverbänden berufen und verantwortet dort u.a. die Bereiche Wirtschaftspolitik, Verbandskommunikation und Seminarwesen.

Die Bayerischen Chemieverbände sind der Arbeitgeberverband Verein der Bayerischen Chemischen Industrie e.V. (VBCI) und der Wirtschaftsverband Verband der Chemischen Industrie e.V., Landesverband Bayern (VCI-LV Bayern). Sie koordinieren die Meinungsbildungsprozesse von rund 500 Unternehmen innerhalb der Chemie- und Pharmabranche im Freistaat und vertreten ihre wirtschafts- und sozialpolitischen Interessen gegenüber Politik, Behörden, Tarifpartnern und der Öffentlichkeit. Mehr Informationen unter www.bayerische-chemieverbaende.de.

Grüner Wasserstoff ist ohne Frage ein Energieträger, der einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Transformation leisten wird. Aktuell steht die Technologie jedoch noch vor großen Hürden wie fehlende Effizienz, hohe Kosten und mangelnde Langlebigkeit. Bei Hydrogenea arbeitet ihr an diesen Herausforderungen, indem ihr Brennstoff- und Elektrolysezellen mit höherer Haltbarkeit und Effizienz entwickelt habt. Eure Produktionsanlage wird gerade in Betrieb genommen und die Einweihung wird im November dieses Jahres stattfinden. Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt und auch unseren LeserInnen einen Einblick in eure Arbeit gebt.


Hallo Marvin, wie genau verbessert ihr die Effizienz der Brennstoff- und Elektrolysezellen?

Hallo und vielen Dank für die Einladung! Die drei Faktoren, die du gerade genannt hast, sind völlig richtig und beeinflussen sich gegenseitig. Die größten Kosten entstehen in der Katalysatorschicht durch die dort verwendeten (Edel-)metalle und angewendeten Prozesse.

Unsere Lösung basiert auf der Kombination von zwei Innovationen: Zum einen verwenden wir neuartige Materialien als Katalysatorträger, die wir selbst entwickeln und produzieren. Dabei modifizieren wir die Materialien so, dass sie wesentlich langsamer korrodieren bzw. sich weniger abnutzen als beim State-of-the-Art und zusätzliche Eigenschaften aufweisen, die von entscheidender Bedeutung sind, wie z.B. eine hohe elektrische Leitfähigkeit. Das führt dazu, dass wir die Haltbarkeit der Zellen um bis zu den Faktor 10 erhöhen können.

Zum anderen tragen wir das aktive Material nicht klassisch chemisch auf, sondern verfolgen dabei einen elektrochemischen bzw. galvanischen Ansatz. Den haben wir als erste auf einen kontinuierlichen Rolle-zu-Rolle Prozess gebracht und auch patentiert. Vorteil dabei ist, dass wir zum einen wesentlich mehr Freiheitsgerade in der Individualisierung der Zellen haben und dadurch ganz neue Business Cases schaffen können. Zum anderen entsteht eine sehr aktive Fläche mit der Effizienzsteigerung im System bis zu 20% möglich sind.

Für welche Sektoren ist eure Technologie besonders interessant? Welche Vorteile ergeben sich für Anwender bei Einsatz eures Schichtsystems?

Unsere Innovation basiert auf Erfahrungen aus dem Automotive-Sektor, in dem unser CEO und Co-founder Dr. Pit Y. Podleschny langjährig die Entwicklungen unseres Produktes vorantreiben konnte. Deshalb sind unsere Lösungen vor allem für Anwendungen in diesem Bereich sehr attraktiv. Dies liegt in der verbesserten Haltbarkeit begründet und ermöglicht vor allem im Schwerlastbereich (z.B. LKW, Schiff oder Bahn) Betriebslaufzeiten, die, in Kombination mit geringeren Gesamtbetriebskosten, den Wasserstoff dort zu einer echten Alternative machen können.

Haltbarkeit spielt auch im Elektrolysebereich eine wichtige Rolle. Wichtig sind dort aber auch Effizienzsteigerungen, da sich dort infolgedessen mit derselben Menge Strom mehr Wasserstoff produzieren lässt und so die Verwirklichung neuer Elektrolyseanlagen per se attraktiver macht.

Eure Produktionsanlage wird gerade in Betrieb genommen. Welche Schritte stehen als nächstes bei euch an?

Die Inbetriebnahme unserer Anlage ist ein großer Meilenstein, auf den wir natürlich sehr stolz sind. Als nächsten Schritt werden wir das Team vergrößern, um der gestiegenen Nachfrage bestmöglich nachzukommen. Deshalb suchen wir jemanden, der uns im Bereich kontinuierliche Produktion und Produktionshochskalierung unterstützen kann.

Daneben sind wir in ständigem Austausch mit Partnern, um weitere Pilotprojekte zu realisieren. Was wir bisher gelernt haben, ist, dass unsere Technologie ganz neue Business Cases eröffnet, die vorher durch technische oder wirtschaftliche Faktoren unzugänglich waren. Deshalb sind wir fest davon überzeugt dazu beitragen zu können, die Entwicklung und den Einsatz von grünem Wasserstoff auch in Bayern zu beschleunigen.

Gibt es noch etwas, was du unseren LeserInnen mit auf den Weg geben willst?

Wasserstoff birgt für den Industriestandort Deutschland ein riesiges Potenzial auch in Zukunft noch zu den führenden Industriestandorten zu gehören. Dafür ist es notwendig, frühzeitig die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Das gilt vor allem in Zeiten, in denen sich Firmen immer häufiger aus Deutschland zurückziehen. Bayern hat mit seiner Wasserstoffstrategie 2.0 einen guten Grundstein dafür gelegt und bereits mehrere erfolgreiche Unternehmen aus der Industrie bei sich vor Ort angesiedelt und erfolgreich gefördert.

Wir sind motiviert mit neuen Partnern sowie allen Interessierten an einer nachhaltigen Zukunft zu arbeiten und gemeinsam neue und nachhaltige Lösungswege zu entwickeln und im breiten Spektrum zu etablieren.

Deshalb möchten wir, euch und eure Leserschaft herzlich zu unserer Einweihung Ende November in Gelsenkirchen einladen. Bei Interesse einfach eine kurze Mail an info@hydrogenea senden.
Wir freuen uns auf euch!

Vielen herzlichen Dank für die spannenden Einblicke und die Einladung, wir wünschen euch weiterhin viel Erfolg!


Bei Hydrogenea übernimmt Marvin Hodde die Rolle des Business Development Managers. Dazu gehören neben der Bewertung und Durchführung aller (potentiellen) Geschäfts- und Unternehmensaktivitäten vor allem kaufmännische Aufgaben, das Knüpfen und Pflegen von Beziehungen sowie die Umsetzung der Unternehmensstrategie.

Im Hot Seat spricht Dr. Lutz Müller, Projektleiter des Businessplan-Wettbewerbs Science4Life, über die Bedeutung und den Erfolg des Wettbewerbs, der seit 25 Jahren Gründerinnen und Gründer in den Bereichen Life Sciences, Chemie und Energie unterstützt, und erläutert, wie der Wettbewerb durch gezieltes Coaching, Expertenfeedback und Netzwerkmöglichkeiten zur erfolgreichen Unternehmensgründung beiträgt.


Herr Dr. Müller, der Businessplan-Wettbewerb Science4Life hat letztes Jahr sein 25-jähriges Jubiläum gefeiert. Allein dies ist eine Erfolgsgeschichte. Was macht diesen Wettbewerb so interessant für Gründer und Gründerinnen und was macht Science4Life genau?

Gerade in der Anfangsphase einer Unternehmensgründung bringen Gründungsteams meist sehr gutes Fachwissen zur technischen Umsetzung ihrer Ideen mit. Gleichzeitig fehlt es aber an unternehmerischem Know-how, zum Beispiel zu den Themen Recht, Förderungen oder Rentabilität der Geschäftsideen. Bei Science4Life unterstützen wir Gründer genau damit. Gründerteams können – je nach Reife – an drei verschiedenen Phasen des Science4Life Businessplan-Wettbewerbs teilnehmen. Jede Einreichung wird von Experten bewertet und die Gründer erhalten individuelles Feedback, das wiederum bei der Weiterentwicklung der Geschäftsideen hilft. Im Rahmen der Science4Life Academy haben alle Teilnehmer außerdem Zugang zu Online-Seminaren zu gründungsrelevanten Themen, zu verschiedenen Leitfäden und Tools und zu unserem Expertennetzwerk von über 300 Experten aus verschiedensten Branchen. Die besten Teams jeder Phase erhalten in den persönlichen Coachings der Academy Days nochmals individuellen Input von Experten und Coaches und haben darüber hinaus auch die Chance auf ein Preisgeld von bis zu 25.000 Euro.

Auf welchen Branchen liegt der Schwerpunkt?

Mit Science4Life richten wir den größten branchenspezifischen Businessplan-Wettbewerb Deutschlands aus. Der Science4Life Venture Cup richtet sich an Gründungsvorhaben aus den Branchen Life Sciences oder Chemie. Mit dem Science4Life Energy Cup haben wir außerdem ein Angebot für alle Teams aus der Energiebranche. Damit deckt Science4Life jede Menge wissenschaftlicher Themenfelder ab, unter anderem zum Beispiel auch Materialwissenschaft, Greentech, Diagnostik und Digital Health.

Im vergangenen Wettbewerbsdurchgang sollten die Teilnehmer im Read Deck das Thema Nachhaltigkeit explizit adressieren. Sehen Sie bei den Einreichungen eine Zunahme bei den Ideen für grüne und nachhaltige Technologien?

Auf jeden Fall. Über die letzten Jahre hat das Thema auch bei uns an Relevanz gewonnen. Gerade im Energiebereich sind viele Innovationen aus einem Nachhaltigkeitsgedanken heraus entstanden und dienen beispielsweise dem Infrastrukturausbau für E-Mobilität oder der Optimierung von Stromverbrauch in verschiedenen Sektoren. Aber auch im Life Sciences- und Chemie-Sektor finden wir nachhaltige Geschäftsideen, die beispielsweise Tierversuche ersetzen oder Wasserverschmutzung erkennen sollen. Zusätzlich geht es hier nicht nur um Geschäftsideen, die sich explizit nachhaltigen Lösungen widmen. Vielmehr ist Nachhaltigkeit bei beinahe allen Ideen relevant, beispielsweise bei Herstellern, Lieferanten oder anderen Punkten in der Wertschöpfungskette. Das sehen wir auch daran, dass das Thema Nachhaltigkeit bei der Investorensuche eine immer wichtigere Rolle spielt – wer ein entsprechendes Kapitel in Geschäftskonzept bzw. Businessplan vorweisen kann, hat häufig bessere Chancen bei der Kapitalsuche. Daher wollen wir unsere Teilnehmer bereits jetzt an das Thema heranführen und die Bedeutung eines Bewusstseins für Fragen der Nachhaltigkeit verdeutlichen.

Wie ist der Wettbewerb grundsätzlich aufgebaut?

Grundsätzlich besteht der Science4Life Businessplan-Wettbewerb aus drei Phasen, die sich an den Phasen einer Unternehmensgründung orientieren. So können wir sicherstellen, dass wir Gründer genau an der Stelle abholen, wo sie sich ohnehin schon befinden. Die erste Phase, die Ideenphase, dient dazu, die eigene Geschäftsidee auf ihre Umsetzbarkeit am Markt zu prüfen. In der darauffolgenden Konzeptphase können die Teams ihr Geschäftsvorhaben und ihren Zielmarkt konzeptionell ausarbeiten. In der finalen Phase, der Businessplanphase, steht dann die investorenreife Ausarbeitung des Businessplans auf der Agenda. In jeder Phase werden Idee, Konzept oder Businessplan von Experten bewertet und die Gründer erhalten individuelles Feedback, das wiederum bei der Weiterentwicklung der Geschäftsideen hilft.

Wie werden die Gründerinnen und Gründer im Laufe des Wettbewerbs unterstützt? Was sollten die Start-ups tun, um am besten von der Teilnahme und der Academy zu profitieren?

Neben dem individuellen Feedback zu allen Einreichungen werden die besten Teams aus der jeweiligen Phase kurz vor den Prämierungen zu den Academy-Days eingeladen, in denen sie zusammen mit Experten ihre Ideen, Konzepte und Businesspläne weiterentwickeln. Das ist für alle Teams besonders wertvoll, da sie hier intensive 1:1 Coachings erhalten. Aber auch in unseren Online-Seminaren geben unsere Experten wichtige Insights und Tipps mit, beispielsweise zum Erstellen von Verträgen, der Wahl der richtigen Rechtsform oder Marketing für Start-ups. Zudem bekommen die Teilnehmer Zugang zum Science4Life-Handbuch – einer Schritt-für-Schritt Anleitung zur Erstellung eines Businessplans oder Konzepts in Form eines Read Decks. Besonders profitieren können Teams auch vom Zugang zu unserem Expertennetzwerk mit über 300 Partnern aus den jeweiligen Fachbereichen und Branchen sowie aus Rechts- und Patentanwälten, Marketing- und Finanzprofis, Business Angels, Investoren und vielen weiteren Experten. Hier empfehlen wir auf jeden Fall, die Chancen zum Networking im Rahmen unserer Veranstaltungen zu nutzen, denn man könnte immer mit einem potenziellen Investor oder zukünftigen Partner in Kontakt kommen.

Wann startet die nächste Wettbewerbsrunde und wie sind die Deadlines?

Die neue Wettbewerbsrunde startet am 1. September 2024 mit der Ideenphase. Wer seine Idee einreichen und teilnehmen möchte, hat dazu bis zum 14. Oktober 2024. Die genauen Termine für alle Phasen geben wir rechtzeitig auf unserer Website und auf LinkedIn bekannt. Wer uns hier also folgt, verpasst garantiert keine Deadline.

Gibt es noch etwas, was Sie unseren Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben wollen?

Start-ups sind ungemein wichtig für unsere Wirtschaft! Wer also die Idee und Chance hat, mit innovativen Lösungen wirklich etwas zu verändern, sollte den Schritt gehen und sich trauen, zu gründen. Initiativen wie Science4Life leben vor allem auch durch ein wunderbares Netzwerk von ehrenamtlichen Experten, die es sich zur Aufgabe machen, innovative Teams auf ihrem Weg zu unterstützen und durch Teams, die genau diesen Experten Vertrauen entgegenbringen. Ob man also auf Gründer- oder Expertenseite steht: Ihre Arbeit ist enorm wichtig und wir freuen uns immer wieder zu sehen, wie viel möglich ist, wenn man gemeinsam für eine Sache brennt.

Vielen herzlichen Dank für die Einblicke! Weitere Informationen finden unsere Leserinnen und Leser unter den nachfolgenden Links.


Dr. Lutz Müller ist Projektleiter des Science4Life e.V.. Science4Life richtet einmal jährlich Deutschlands größten Businessplan-Wettbewerb für Life Sciences, Chemie und Energie aus. Am 1. September 2024 beginnt die neue Wettbewerbsrunde, in der die besten Ideen, Konzepte und Businesspläne ausgezeichnet und mit Preisgeldern von bis zu 25.000 Euro belohnt werden.

In TeBiCE wollen wir einen Markt für Biomasse und Reststoffe entwickeln. Ziel ist es, neue Wertschöpfungsketten zu finden und bestehende weiter zu verbessern, die auf ehemaligen Abfällen basieren. So soll die Wertschöpfung und Ressourceneffizienz erhöht werden. In dem Projekt arbeitet ein Konsortium von acht Partnern aus Regionen aus sechs Ländern zusammen, um neue Prozesse der Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Das Vorhaben wird mit einem digitalen Tool von VCG.AI unterstützt

Rottal Hanf ist ein Unternehmen mit Sitz in Bayern, das die Hanfpflanze von den nährstoffreichen Samen über die Fasern bis hin zu den Schäben und bei der Produktion anfallendem Staub vollständig verwerten will. Ziel ist die Entwicklung regionaler Wertschöpfungsketten nach den Prinzipien der Bioökonomie. Matthias Schwarz, Geschäftsführer von Rottal Hanf, gab uns einige Einblicke in das Potenzial von Hanf für die Kreislaufwirtschaft, das über den Einsatz im Lebensmittelbereich hinausgeht.  


Was macht Hanf so besonders für seine Nutzung in der Bioökonomie, welche Eigenschaften machen ihn besonders interessant in Hinblick z.B. auf Biodiversität und CO2-Speicherung?  

Die Besonderheit von Hanf ist für uns vor allem die Vielseitigkeit der Anwendungen vom Lebensmittel, über die Nutzung von Schäben und Fasern im Bau oder als Textil. Er wird sowohl in technisch eher simplen Produkten verarbeitet, als auch in High-Performance Produkten. Die einzelnen Bestandteile, bieten ein enormes Potential für die regionale Wertschöpfung und die Nutzung in nachhaltigen Materialkreisläufen. Das sorgt für kurze Transportwege, Unabhängigkeit und Resilienz in der Rohstoffbeschaffung. 

Die Verarbeitung hat eine lange Tradition und wir kennen etablierte Verarbeitungstechniken sowie moderne Technologien zur Gewinnung der einzelnen Bestandteile. Neue Entwicklungen sind kaum nötig und wir können auf bestehendes Wissen zurückgreifen. 

Das schnelle Wachstum und die hohen Biomasse-Erträge machen die Pflanze bei langfristiger stofflicher Nutzung zu einem effektiven CO2-Speicher. Außerdem trägt Hanfanbau dazu bei den Boden zu rekultivieren und Nährstoffe zu binden. Das steigert den Ertrag von Folgefrüchten um bis zu 20 %. 

Wir denken, dass sich der Nutzhanf durch die aktuelle Aufmerksamkeit auf die Bioökonomie, als Kulturpflanze neu erfinden wird. Da sich die preisgünstige Erdöl-basierte Industrie in absehbarer Zeit drastisch verändern wird, können neue Technologien etabliert werden. Das ist ein Hebel für die wirtschaftliche Verarbeitung von Nutzhanf. 

Gemeinsam mit unseren Partnern gestalten wir die Infrastruktur so, dass die neu entwickelten Produkte Teil eines Materialkreislaufs werden, sodass am Ende das Ziel erreicht wird, einmal geerntetes Hanf-Material möglichst lange zu nutzen.  

Können Sie uns ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung eines zirkulären Konzepts im Zusammenhang mit Hanf geben? Wo stehen Sie aktuell noch vor Herausforderungen? 

In Kooperation mit Steva Hemp haben wir ein End of Life Konzept für Bettwäsche aus 100 % Hanf erarbeitet. Die Fasern werden in Bauplatten stofflich weiter genutzt. So wird vor der biologischen oder energetischen Verwertung eine weitere Stufe etabliert, in der das im Hanf gebundene CO2 gespeichert bleibt.  

Aktuell sind wir bei der Skalierung sowie Validierungsschritten und deren Investitionskosten gefordert. Bei allen drei Bereichen setzen wir auf Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern unterschiedlicher Branchen, um die beste Lösung zu finden. Die Sensibilisierung und Aufklärung unserer Partner sehen wir hier als eine zentrale Tätigkeit.  

Die Anwendungen von Hanf reichen vom Nahrungsmittel bis zum Komposit-Werkstoff im Bau oder in High-Performance Produkten. Wie wichtig ist für Sie die Kooperation mit Partnern an verschiedenen Bereichen der Wertschöpfungskette

Die Kooperation ist für uns enorm wichtig. Jede Region hat ihre Stärken und Schwächen. Da Nutzhanf relativ wenige Ansprüche an den Boden stellt, auf dem er wächst, kann er in vielen Regionen angebaut werden.  

Entscheidend ist die Definition des Einsatzzweckes und die Nutzung nach der Ernte. Hier kommen die lokalen Partner, vom Bauern bis zu Lieferanten von Reststoffen aus anderen Branchen, ins Spiel. Wer braucht was und wie? Wie genau sieht das Ziel aus?  

Ein Beispiel aus unserer Region: Ein Ziegelhersteller stellt uns Reststoffe aus der Produktion zur Verfügung, die wir mit Hanf zu höherwertigen Produkten verarbeiten können. 

Wie beeinflusst das Streben nach einem nachhaltigen Geschäftsmodell Ihre Unternehmensziele? Steht Nachhaltigkeit im Gegensatz zur Ökonomie oder bringt es sogar wirtschaftliche Vorteile mit sich? 

Wir sehen den wirtschaftlichen Vorteil, wenn das nachhaltige Geschäftsmodell auf lokaler Ebene funktioniert. Es muss für alle Beteiligten einen Vorteil haben. Angefangen vom Landwirt, über den weiterverarbeitenden Betrieb bis zum Endkunden, der seinen Enkeln dann sagen kann, hier habe ich z. B. ein Haus gebaut, wenn es euch nicht gefällt, baut es ab, ackert es ein und baut neuen Hanf darauf an. Das muss möglich sein, das muss der Fokus sein!  

Nein. Wir sehen neue Möglichkeiten Vorteile auszuarbeiten. Zum Beispiel, die Kooperation in der Kommunikation – für Unternehmen soll klar dargestellt werden, dass Entscheidungen, diese schnell nachwachsende Ressource in Ihr Produktportfolio zu integrieren einen Vorsprung für alle Beteiligten erzeugt. Eine bessere wirtschaftliche Tragfähigkeit wird dadurch gestattet und somit auch eine neue ökologischere Tragweite, vom Endverbraucher, mit bewusster Kaufentscheidung bis hin zu weiterverarbeitenden Betrieben, die mit den Erzeugnissen arbeiten.   

Was möchten Sie uns noch mit auf den Weg geben? 

Die Arbeit mit Nutzhanf ist für uns eine große Bereicherung und wir sind dankbar, dass wir ein Thema behandeln, dass von einer besseren Zukunft spricht. Es gibt uns die Möglichkeit auf ein Ziel hin zu arbeiten, ein Ziel dem wir unsere ganze Aufmerksamkeit widmen können. Nutzhanf ist für uns ein Hebel der Veränderung bringen kann. Und je mehr mitmachen, umso besser.  


Matthias Schwarz ist Geschäftsführer und Gründer der Rottal Hanf GmbH. Seit 2017 beschäftigt er sich mit der Nutzung von Hanf und deren Integration in die landwirtschaftliche Fruchtfolge. Er ist gelernter Kfz-Mechatroniker mit anschließender Weiterbildung zum Techniker für Fahrzeugtechnik & Elektromobilität, konnte 7 Jahre Entwicklungserfahrung in der Automobilindustrie sammeln und sich im Qualitätsmanagement fortbilden.

Die Bayerische Repräsentanz für Südamerika, geleitet von Pamela Valdivia, dient seit 2013 als Brücke zwischen Bayern und den Märkten Argentiniens, Chiles, Kolumbiens, Perus und Uruguays. Im Hot Seat Interview gibt uns Señora Valdivia Einblicke in die Rolle, Bedeutung und Potenziale dieser transkontinentalen Partnerschaft für kollaborative Innovation und die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft.


Buenos Dias, Señora Valdivia. Seit 2013 leiten Sie die Bayerische Repräsentanz Südamerika für Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru und Uruguay. Können Sie unserem Cluster einen Einblick verschaffen, was die Bayerische Repräsentanz ist und was Sie tun?

Die Bayerische Repräsentanz für Südamerika vertritt die Interessen des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, sowie der bayerischen Wirtschaft mit Fokus auf die Innovationsstrategie in diesen 5 lateinamerikanischen Märkten: Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru und Uruguay. Hierfür arbeitet die Repräsentanz mit den Innovationsökosystemen vor Ort zusammen, um zur Anbahnung und Intensivierung von internationalen Vernetzungs- und Kooperationsaktivitäten beizutragen. Die Bayerische Repräsentanz für Südamerika unterstützt so nicht nur Bayerns exportorientierte Wirtschaft vor Ort, sondern trägt dazu zur Stärkung und zum Ausbau der bayerischen Spitzenposition bei.

Wir vernetzen Großunternehmen, innovative KMU und High-Tech-Startups, Vertreter der angewandten Forschung, regionaler und nationaler Regierungen, und auch Vertreter aus dem Bereich Venture Capital und konzentrieren uns auf die bayerischen Schlüsselbranchen und Spezialisierungsfelder der Innovationsstrategie. D.h. wir arbeiten proaktiv mit Innovations- und Gründerlandschaften zusammen, um die Schnittstellen für Cross-Innovations-Potenziale zwischen Bayern und Südamerika zu identifizieren und gemeinsam ganzheitliche Lösungsansätze für wirtschaftliche, wissenschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen zu entwickeln.

Dank unserem Arbeitsansatzes haben wir ein Netzwerk von Innovationsökosystemen schaffen können, das den Bedarf in Lateinamerika identifiziert und mit den passenden Kapazitäten in Bayern zusammenbringt. Im Gegenzug haben wir Zugang zu Innovationsmöglichkeiten, zu realen Problemen realer Kunden und zu Leads für die bayerische Wirtschaft erhalten. Wir haben neue Ideen für Produkte, Dienstleistungen und Prozesse für eine erfolgreiche Anwendung in den südamerikanischen Märkten übermittelt und gefördert, damit bayerische Unternehmen ihre Absatzmärkte stärker diversifizieren können.

Die bayerische Wirtschaft wird deshalb vor Ort als ein relevanter Partner geschätzt, der der Gesamtheit aller Akteure Mehrwert bietet, ein Partner für langfristige und sinnvolle Innovationsprojekte, der somit auch zur Stärkung der deutschen Innovationspolitik sowie der europäischen Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik beiträgt.

Warum sind Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru und Uruguay so interessant für die Bayerische Wirtschaft und auch die chemische Industrie?

Lateinamerika, das so anfällig für Naturkatastrophen ist, wird einer der Hauptschauplätze im Kampf gegen den Klimawandel sein. Mit 2/3 der weltweiten Lithiumreserven und 40% der Kupferreserven wird der Kontinent ein strategischer Lieferant für die grüne Wirtschaft und eine reichhaltige Quelle für Nahrung und frisches Wasser sein. So bleibt Lateinamerika eine Entwicklungsregion, in der die Demokratie noch am weitesten verbreitet ist. Die Region bietet dazu nicht nur interessante, noch wenig erschlossene Absatzmärkte, sondern auch mögliche Beschaffungsmärkte für die bayerischen Schlüsselbranchen.

Außerdem beherbergt Lateinamerika rund die Hälfte der weltweiten Artenvielfalt und ein Viertel der Wälder. Dank reichlich Wind und Sonne sowie starker Flüsse stammt derzeit mehr als ein Viertel der Primärenergie aus erneuerbaren Quellen, doppelt so viel wie im weltweiten Durchschnitt. Nach Angaben des Global Energy Monitor werden bis 2030 voraussichtlich 320 Gigawatt an Solar- und Windkraftprojekten ans Netz gehen, was einer Steigerung von 460% gegenüber der bestehenden Solar- und Windkapazität entspricht. Auch die Infrastruktur zur Übertragung dieser Energie wird ausgebaut. Lateinamerika könnte auch zu einem bedeutenden kostengünstigen Produzenten von „grünem“ Wasserstoff werden, der aus erneuerbaren Quellen hergestellt wird und für einige Anwendungen eine saubere Alternative zu fossilen Brennstoffen darstellt.

Laut The Economist, steht die Region auch an der Spitze der Innovationen im Bereich der Klimafinanzierung. Im Jahr 2022 war Chile das erste Land der Welt, das Anleihen mit einem reduzierten Zinssatz ausgab, wenn es Nachhaltigkeitsziele erreicht, und hat so 2 Milliarden US-Dollar eingenommen. Uruguay folgte diesem Beispiel und brachte fast 4 Milliarden US-Dollar ein. Im Jahr 2023 führte Ecuador den weltweit größten Schulden-gegen-Natur-Swap durch, wobei die Ersparnisse dem Schutz der Galapagos-Inseln zugutekamen. Der scheidende Präsident des Landes hat die Artenvielfalt als neue „Währung“ bezeichnet. Dieser Trend wird sich im Jahr 2024 fortsetzen, nachdem in Brasilien nachhaltige Anleihen im Wert von 2 Milliarden US-Dollar emittiert wurden.

Zeichnen sich dabei aktuell spezielle Trends und Entwicklungen ab?

Wenn wir uns die wichtigsten Hauptstädte Lateinamerikas genauer ansehen, sind in ihren Innovationsökosystemen normalerweise alle 5 notwendigen Akteure für Innovationsprojekte vertreten (nationale und regionale Regierungen, Großunternehmen, innovative KMU und Startups, Universitäten und Forschungseinrichtungen, sowie VC und CVC). Wir finden also alle 5 Interessengruppen auf, aber diese schaffen es oftmals nicht, vorteilhafte Beziehungen untereinander aufzubauen. Die Bayerische Repräsentanz füllt diese Lücke und stellt für beide Regionen Brücken und vorteilhafte Beziehungen her, um Innovationsprojekte in die Wege zu leiten.

In Lateinamerika haben die meisten Unternehmen, und auch die KMU, angefangen, sich mit dem Thema Innovation zu befassen, aber viele wissen nicht unbedingt, wie sie die Innovationsreise beginnen sollen. Deshalb kann die Bayerische Repräsentanz ein guter Partner sein, um Innovationsmöglichkeiten zu identifizieren und passende Lösungen zu finden oder zu entwickeln. Startups dagegen schaffen innovative Lösungen für aktuelle und neue Probleme, haben aber Schwierigkeiten, mit den Unternehmen in Kontakt zu treten. Die Bayerische Repräsentanz kann sie mit diesen Unternehmen zusammenzubringen. Deshalb unterstützt die Repräsentanz vor allem KMU sowie Startups dabei, die Potentiale der Innovation für sich zu erkennen, neue Innovationsprozesse zu nutzen und entsprechende Geschäftsmodelle auch im Ausland zu identifizieren.

Ferner müssen die lateinamerikanischen Rohstoffindustrien ihre Produktion langfristig sicherstellen können, indem sie nicht nur effizienter produzieren, sondern auch für positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft sorgen. Sie benötigen hierfür integrale Lösungen, die zur Erhöhung der Rohstoffproduktivität, nachhaltigen Rohstofferschließung- und -gewinnung, Steigerung der Ressourceneffizienz, Schließung von Stoffkreisläufen und Recycling, sowie z.B. zu einer nachhaltigen Land- und Wasserwirtschaft beitragen.

Lateinamerika kann dies nicht allein machen und benötigt dringend Innovationspartner. Da die Innovationskapazität laut des Weltwirtschaftsforums in den südamerikanischen Ländern schwach ist und dazu der Schlüsselfaktor für die Wertschöpfung ist, kann ein Technologie- und branchenoffenes Arbeitsprogramm für bayerische KMU und Startups zusammen mit wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen, die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der lateinamerikanischen Unternehmen nachhaltig unterstützen.

Um das notwendige Vertrauen aufzubauen, das die globalen Allianzen für die bayerischen KMU ermöglichen, unterstützt die Bayerische Repräsentanz für Südamerika bayerische Unternehmen und Startups dabei, die neusten Marktentwicklungen in Argentinien, Chile, Kolumbien und Peru kennenzulernen und die Marktchancen mithilfe von Innovationsprojekten zu nutzen. Damit möchte die Bayerische Repräsentanz die Bayerische Innovationsstrategie auch international umsetzen und durch internationale Vernetzung von Akteuren und Initiierung neuer Innovations- und Wertschöpfungsnetzwerke einen Beitrag leisten.

Unsere strategische Fokusthemen hierfür sind:

  • Nachhaltigkeit (Kreislaufwirtschaft, Umwelttechnik, Bioökonomie)
  • Digitalisierung (Industrie 4.0, KI, Cyber Security, KI, Blockchain)
  • Klimawandel (Erneuerbare Energien, Waste to Energy, Wasserstoff)
  • Innovation & Startups (Open Innovation, Corporate Venturing)

Für welche Belange können unsere Clustermitglieder auf Sie zukommen?

Das Bayerische Repräsentanzbüro für Südamerika mit Sitz in Santiago de Chile unterstützt seit 2013 die außenwirtschaftlichen Aktivitäten und die Aktivitäten des Standortmarketings des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und trägt zur Pflege der Partnerschaft mit Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru und seit Juli 2023 auch mit Uruguay bei. Hauptzielgruppe der Aktivitäten der Repräsentanz sind bayerische Unternehmen, die bayerischen Wirtschaft und potenzielle Investoren für Bayern.


Lernen Sie am 26. Juni die 30 Bayerischen Auslandsrepräsentanzen in Nürnberg persönlich kennen und erfahren Sie, wie diese Ihnen helfen neue internationale Märkte zu erobern.

📅 26.06.2024

🕑 19:00 – 22:00 Uhr

🚩 IHK Nürnberg für Mittelfranken, Hauptmarkt 25/27, 90403 Nürnberg

Pamela Valdivia, Leiterin der Repräsentanz ist seit September 2013 für das Büro tätig. Sie hat Abschlüsse der Universität Adolfo Ibañez in Business Administration und der Universität Santiago de Chile in International Business. Davor hat sie unter anderem für die Auslandshandelskammer in Chile und für das chilenische Außenministerium gearbeitet. Sie spricht Spanisch, Englisch und Deutsch. [1]

Foto: Shaulin Tran

Joseph Heenan, der Mitbegründer von Proteineer erklärt uns im Hot Seat Interview was das Faszinierende und Nützliche an einer KI-gesteuerten Informationsverarbeitung im Bereich der Biotechnologie ist.

Das englischsprachige Interview wurde mittels deepl.com übersetzt.


Lieber Joseph, als Mitgründer von Proteineer haben Du und dein Team sich das Ziel gesetzt, das Protein-Engineering zu transformieren. Kannst Du unseren Lesern Proteineer vorstellen, sowie das Team dahinter und was ihr genau tut? 

Danke! Wir sind eine Gruppe von Informatikern und Biologen, die Ende 2021 die entscheidende Einsicht hatten, dass KI und Big Data den Bereich der industriellen Biotechnologie verändern würden, und sich daran machten, Tools zu entwickeln, die die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der synthetischen Biologie beschleunigen. Wir haben uns auf die Entwicklung einer Suchmaschine konzentriert, die Biologen hilft, die besten Gene für ihre gewünschten Wirtsorganismen und Produkte zu finden. Wir bieten auch bioinformatische Beratungsdienste an, um bei schwierigen Protein-Engineering-Projekten zu helfen. 

Wodurch zeichnet sich eure Plattform aus? 

Unsere GeneStore-Plattform wurde von Grund auf von und für Biologen entwickelt und ist sowohl funktionsreich als auch erschwinglich. Wir sind das einzige Unternehmen, von dem wir wissen, dass es über 4 Milliarden Proteine in einer durchsuchbaren Datenbank integriert hat. Darüber hinaus sind wir das einzige Unternehmen, das über die „Spitze des Eisbergs“ hinausgehen und tief in die Petabytes von Daten blicken kann, die auf der SRA gespeichert sind, um homologe Gene zu finden, die zuvor möglicherweise übersehen wurden. Darüber hinaus machen unsere KI-gesteuerten Funktionen für Strukturaufbau und -vergleich, Thermostabilitätsvorhersage, E. Coli-Expressionsvorhersage, Substrat-Docking-Vorhersage und Molekulardynamiksimulation, die alle direkt in die Suchergebnisse integriert sind, unsere Plattform wirklich einzigartig.  

Mit unserer Plattform erhalten Sie mit nur wenigen Klicks deduplizierte Ergebnisse aus Dutzenden von Metagenomik-Datensätzen, geordnet nach Strukturähnlichkeit, Sequenzähnlichkeit, Docking, MD oder sogar Ihrem eigenen Modell oder einer beliebigen Kombination der oben genannten. Darüber hinaus integrieren wir Patentdaten, um Ihnen bei der Erstellung von Freedom-to-Operate und Clustering zu helfen, damit Sie Ihre Experimente optimieren können.  

Vor kurzem konntet ihr den offiziellen Start des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts biofactur-e zelebrieren. Kannst Du uns etwas mehr über die Zielsetzung des Projekts erzählen? 

Insgesamt konzentriert sich das Projekt auf die Umwandlung ungenutzter CO2-Abfallströme in hochwertige Proteine, die für die Tierernährung oder andere Anwendungen genutzt werden können. Wir sind innerhalb des Konsortiums für eine Reihe von bioinformatischen Diensten verantwortlich. Unser GeneStore wird genutzt, um Gene zu finden, die bei jedem Schritt der komplexen Stoffwechselwege helfen können, die entwickelt werden müssen, um diese Umwandlung wirtschaftlich machbar zu machen. 

Gibt es noch etwas, was Du unseren Lesern mitteilen möchten? 

Für eine begrenzte Zeit bieten wir allen, die über das Chemie Cluster Bayern mit uns in Verbindung stehen oder von uns erfahren haben, eine kostenlose Testphase an. Wir nehmen Ihre Suchanfrage entgegen, arbeiten daran, Ihre Ziele zu verstehen, und zeigen Ihnen, wie unsere Plattform Ihnen helfen kann, ein besseres Gen für die rekombinante Expression zu finden. 

Joseph Heenan ist Mitgründer von Proteineer und hat über 15 Jahre Erfahrung in der Softwareentwicklung. Außerdem arbeitete er bereits in Fortune 100 Firmen aber auch in Führungspositionen in 3 Startups.