Als zentraler Innovationsmotor in der Region Nordschwarzwald vereint das Technologiezentrum Horb am Neckar (TZH) praxisnahe Unterstützung für Unternehmen mit einem starken Netzwerk rund um Hochleistungskunststoffe – vom Technologietransfer bis zur Startup-Förderung. Maximilian Kossytorz steht uns dazu Frage und Antwort.

Können Sie uns kurz das Technologiezentrum Horb vorstellen – welche Schwerpunkte setzen Sie?​ 

Das TZH ist ein Innovations-Hub, das sich über die vergangenen Jahre als zentraler Ansprechpartner für Unternehmen sämtlicher Größen im Nordschwarzwald etabliert hat. Mit dem INNONET-Kunststoffcluster managen wir eines der relevantesten Cluster (natürlich neben dem Chemie-Cluster Bayern 😉 ) mit einem Fokus auf die gesamte Wertschöpfungskette Hochleistungskunststoff. Ziel unserer Aktivitäten ist es, sowohl auf lokaler, regionaler als auch internationaler Ebene durch Kollaborationen und Wissenstransfer nachhaltige Innovationen zu ermöglichen. 

Welche Branchen sind derzeit besonders stark bei Ihnen vertreten?

Das INNONET-Kunststoffcluster legt seit 20 Jahren den Fokus auf die gesamte Wertschöpfungskette von Hochleistungskunststoffen. Unser Anspruch ist es, sämtliche Glieder dieser Wertschöpfungskette abzudecken.​  

​Was passiert gerade im TZH Accelerator? Können Sie uns gegebenenfalls ein konkretes Beispiel nennen? 

​​Auch im TZH Accelerator setzen wir auf das Prinzip des Venture Partnerings. Wir analysieren die Stärken etablierter Unternehmen und nutzen gezielt die Agilität sowie Innovationskraft junger Unternehmen, um vielversprechende Ansätze zu identifizieren und kollaborative Prototypen zu konfigurieren.  

​Konkretes Beispiel: Entwicklung und Tests eines neuartigen Biokunststoffs auf der Basis von Trester. Und viele mehr…​ 

Welche Unterstützung bieten Sie beim Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Industrie? 

​​Das Technologiezentrum Horb am Neckar und das INNONET-Kunststoffcluster unterstützen den Technologietransfer durch ein integriertes Leistungsangebot, das gezielt auf die Bedürfnisse von Unternehmen ausgerichtet ist. Im Fokus stehen individuelle Beratungsleistungen, Digital-Coaching sowie praxisorientierte Workshops, die Unternehmen dabei helfen, wissenschaftliche Erkenntnisse in marktfähigen Anwendungsbereichen zu überführen. Über das INNONET-Kunststoff wird ein spezialisiertes Branchennetzwerk organisiert, das den gezielten Austausch zwischen Forschung und Industrie entlang der gesamten Kunststoff-Wertschöpfungskette ermöglicht.  

​Ein weiterer Aspekt des Accelerators ist die Information und Motivation von Studierenden im Bereich Entrepreneurship, um den Transfer ihrer wissenschaftlichen Arbeiten in ein praxisnahes Umfeld zu fördern.  ​ 

​Im Business Development konzentriert sich Maximilian Koyystorz auf die Analyse und Weiterentwicklung bestehender Geschäftsmodelle sowie die Ausarbeitung neuer. Mit dem Schwerpunkt Venture Partnering orchestriert er Pilotprojekte zwischen Start-Ups und Corporates und repräsentiert das TZH in zahlreichen EU-Projekte. Seine Passion sind innovative und ungewöhnliche Geschäftsmodelle und er ist überzeigt davon, dass Innovation immer auf der Basis von guten Kooperationen wächst. Das ist auch sein zentrales Credo bei der Zusammenarbeit mit den Netzwerkpartnern.

Guten Tag Dr. Fabiana Fantinel​, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unser Hot Seat Interview nehmen. Wir freuen uns, Ihren innovativen Ansatz zur Nutzung von CO₂ als Rohstoff für biologisch abbaubare Kunststoffe näher zu betrachten.

Erklären Sie unseren Leserinnen und Lesern bitte kurz: Was ist CO₂BioClean – und woran arbeiten Sie konkret?​

Wir sind ein 2019 gegründetes Start-up und stellen mit unserem patentierten Verfahren einen bioabbaubaren Kunststoff, PHA genannt, aus CO2 her. Im Industriepark Frankfurt-Hoechst ist unsere Pilotanlage seit 2024 in Betrieb. Neben der Pilotanlage treiben wir mit Partnern zahlreiche Projekte voran, um unseren bioabbaubaren Kunststoff in Anwendungen einzusetzen.

​​Gemeinsam mit den Bayerischen Staatsforsten testen Sie aktuell Ihre biologisch-abbaubaren Wuchshüllen auf Basis von CO2. Was ist so besonders an dieser Anwendung?​

​​​Durch Wuchshüllen, die junge Bäume vor dem Verbiss von Wildtieren schützen, werden aktuell große Mengen an Kunststoff in den Wald eingetragen. Viele Forstorganisationen sind aktuell dabei, Wuchshüllen aus konventionellen Kunststoffen zu ersetzen. Unsere Wuchshülle kombiniert Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit. Sie ist nachhaltig, da sie bioabbaubar ist und nicht aus fossilen Rohstoffen hergestellt wird. Und sie ist wirtschaftlich, da sie einfach hergestellt und transportiert werden kann – deutlich einfacher als z.B. Lösungen aus Holz. Zusammen mit den Bayerischen Staatsforsten testen wir aktuell über 1.000 Wuchshüllen in einem Forst in der Nähe von Augsburg. Wichtigstes Ziel ist, Praxiserfahrungen zur Geschwindigkeit des Abbaus der Wuchshüllen im Wald zu gewinnen. ​

​An welchen anderen Anwendungen arbeiten Sie aktuell?

Durch die Vielseitigkeit unseres Bio-Kunststoffs können wir ein breites Spektrum von Anwendungen abdecken. Die Eigenschaften von PHA sind etwas vergleichbar mit denen von Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP). Ein wichtiges Feld für uns ist der Bereich Fasern & Textilien. Wir können verschiedene Arten von Fasern herstellen, die dann z. B. in der Textilindustrie eingesetzt werden können. Zudem ist es uns vor kurzem gelungen, ein zweidimensionales Gewebe herzustellen ohne dass die einzelnen Fasern verwoben werden müssen. ​

Weitere wichtige Projekte sind die Entwicklung einer Folie für den Verpackungsbereich, der Einsatz unseres PHAs in Kosmetika.

Ein weiterer Schwerpunkt sind Anwendungen, die mit dem 3D-Druckverfahren hergestellt werden können. Die auf nachhaltige Spielzeuge spezialisierte Bioplay GmbH plant noch in 2025 das weltweit erste Spielzeug aus CO₂ in einer Kleinserie auf den Markt zu bringen – was dann auch das erste kommerzielle Produkt aus unserem Material sein wird.

Wie wird CO₂-basierter Kunststoff derzeit am Markt angenommen – wie sieht es mit Akzeptanz und Verständnis auf Kundenseite aus?

Bei dieser Frage ist wichtig zu verstehen, dass unsere Pilotanlage nicht für den kommerziellen Bedarf bestimmt ist. Die produzierten Mengen werden eingesetzt, um Anwendungen zu entwickeln und in begrenztem Umfang in der Praxis zu testen – wie z.B. bei den oben genannten Wuchshüllen oder Spielzeugen. Unsere Partnerschaften bestehen deshalb aus Entwicklungsprojekten, bei denen wir mit einem oder mehreren Partnern Anwendungen entwickeln.

​Bevor wir unsere Pilotanlage 2024 in Betrieb genommen haben, war es sehr, sehr schwer Unternehmen für eine Zusammenarbeit zu begeistern. Durch die Pilotanlage hat sich das deutlich geändert. In den letzten Monaten konnten wir zahlreiche Projekte starten – das Chemie Cluster hat uns hierbei ja auch sehr erfolgreich unterstützt. Nachdem wir jetzt mit den Vorplanungen für die erste kommerzielle Anlage begonnen haben, sollten wir als Partner weiter an Attraktivität gewinnen.

​Auch wenn Teile der für uns relevanten Branchen noch abwartend sind, gibt es aus unserer Sicht ausreichend viele Partner mit Mut und unternehmerischem Weitblick, mit denen man die CO₂BioCclean-Technologie voranbringen kann.​

Als junges Unternehmen steht CO₂BioClean vor der Herausforderung, Carbon Capture & Utilization (CCU)-Prozesse in den industriellen Maßstab zu bringen. Wo begegnen Ihnen aktuell die größten Hürden?

​​Wir bieten mit unserer Technologie die Möglichkeit, wesentliche Teile der Kunststoffindustrie hinsichtlich CO₂-Ausstoß und Plastikverschmutzung nachhaltig zu gestalten. Wir adressieren damit zwei ziemlich große Probleme. Dadurch hat unsere Vision eine enorme Strahlkraft dank der wir uns in den letzten 6 Jahren stetig weiterentwickeln konnten – trotz vieler Herausforderungen.

​Eine relevante Hürde sehen wir in den Rahmenbedingungen. Sowohl CCU-Projekte als auch Biokunststoff-Projekte werden zwar gefördert, im kommerziellen Einsatz aber bisher kaum unterstützt. In anderen Bereichen, wie Autoantriebe, Kraftstoffe, Flugzeugkraftstoffe wird z.B. über Quotenregelungen der Marktzugang gesichert und dadurch Planungssicherheit geschaffen. Die geringe Planungssicherheit ist bei uns eine große Herausforderung, wenn wir mit Investoren über unsere Technologie sprechen.​

In welchen Bereichen sehen Sie Anknüpfungspunkte für Unternehmen aus dem Chemie-Cluster Bayern oder darüber hinaus, die mit CO₂BioCclean zusammenarbeiten wollen?

​​Wir sehen Anknüpfungspunkte an zwei Stellen: Zum einen suchen wir nach Unternehmen, die sich zukünftig durch bioabbaubare und CO₂-basierte Produkte von ihren Wettbewerbern differenzieren wollen und gemeinsam mit uns Anwendungen aus PHA entwickeln möchten. Im Fokus stehen bei uns Kosmetika, Verpackungen, Anwendungen in der Landwirtschaft und im Faser- und Textilbereich. Wir sind aber auch sehr aufgeschlossen gegenüber anderen Segmenten.

​Zum zweiten sind wir auf der Suche nach einem Partner für den Bau der ersten kommerziellen Anlage. Wir können uns z. B. ein Joint Venture vorstellen. Als potenzielle Partner kommen Unternehmen aus der Kunststoffindustrie in Frage, die sich ein Standbein außerhalb der fossilen Rohstoffe aufbauen wollen oder CO₂-Emittenten, die nach einem wirtschaftlich sinnvollen Auslass für ihr CO₂ suchen. ​

Vielen Herzlichen Dank für die spannenden Einblicke und weiterhin viel Erfolg für die nächsten Schritte!

Dr. Fabiana Fantinel ist Gründerin und CEO von CO2BIOCLEAN und bringt langjährige Erfahrung in der Kunststoff- und Biotechnologiebranche mit. Mit ihrer Expertise an der Schnittstelle von Chemie, Materialwissenschaft und industrieller Innovation treibt sie die Vision voran, CO₂ als nachhaltige Ressource für die Kunststoffproduktion nutzbar zu machen.

Heute begrüßen wir Sascha Potthoff-Wenner auf unserem Hot Seat. Mit ihm sprechen wir über die Zukunft von Papierbeschichtungen. 

Hallo Sascha, Ihr Unternehmen entwickelt biobasierte Barrierebeschichtungen für die Papier- und Verpackungsindustrie. Können Sie uns kurz erklären, was genau Wax Solutions macht und welches Problem Sie lösen wollen? 

Wir – Wax Solutions – verfolgen eine grüne Mission: Wir ersetzen Kunststoffe in Papierbeschichtungen, indem wir sie durch nachwachsende Rohstoffe austauschen und somit unseren Teil zur Defossilisierung des Planeten beitragen. 

Konkret entwickeln und produzieren wir biobasierte und plastikfreie, nicht-fossile Barriere-Coatings für die Papierindustrie. Unsere Beschichtungen bilden bedarfsgerechte Barriere-Funktionalitäten ab und liefern gleichzeitig wichtige Eigenschaften für Verpackungsprozesse – als vollständiges Coating oder als Additiv für die Performance-Steigerung bestehender Lösungen. Unsere Produkte basieren auf natürlichen Materialien, können über die üblichen Applikationstechniken aufgetragen werden, sind für den direkten Lebensmittelkontakt geeignet und fokussieren die Rezyklierbarkeit der Papierfasern. 

Mit unseren Produkten ersetzen wir fossile Kunststoffe und verringern damit die Nutzung fossiler Rohstoffe. Dies unterstützt den Wandel hin zu erneuerbaren Materialien. Gleichzeitig ermöglichen wir das Recycling von Materialien, die heute als sogenanntes „Verbundmaterial“ meist nur thermisch verwertet werden können. 

Wax Solutions ist eine Ausgründung der Alfred Willich Produktions GmbH. Was war der entscheidende Impuls für die Gründung, und wie hat die Erfahrung aus der Muttergesellschaft zur Entwicklung Ihrer Technologie beigetragen? 

Die Alfred Willich Produktions GmbH produziert Tauchmassen, das sind Überzugsmassen unter anderem für Salamis. Eine Salami mit Käserand kennt wohl jeder – dieser Käserand ist das Produkt. Das Unternehmen stellt schon lange Beschichtungen zum Auftrag auf Lebensmittel her und hat somit eine Expertise im Bereich der flüssigen Verarbeitung – wenn auch in einem ganz anderen Markt. Als dann vor wenigen Jahren über eine Kundenanfrage ein Produkt auf Basis natürlicher Wachse entwickelt und vermarktet worden ist, entschied man sich zur Ausgründung als eigenständiges Unternehmen. Die Expertise in der Verarbeitung von Food- und Non-Food-Rohstoffen in Emulsionen und Dispersionen hat uns natürlich vorangebracht. Nach der Ausgründung haben wir unser erstes Produkt – das als natürliches Barriere-Additiv für fossile polymere Papierbeschichtungen eingesetzt worden ist – intensiv weiterentwickelt. Heute können wir nicht nur Additive, sondern Ready-to-Use-Coatings anbieten, die die fossilen Polymerbeschichtungen vollständig ersetzten. 

Inwiefern sehen Sie das Potenzial Ihrer biobasierten Beschichtungen als Lösung für die zukünftige Verpackungsindustrie, und welche Rolle könnte Wax Solutions in der nachhaltigen Transformation der Branche spielen? 

Unsere Ready-to-Use-Lösung kann fossile Kunststoffe vollständig ersetzen, denn sie ist „plastikfrei“ nach der Single Use Plastics Directive und basiert auf biogenen Rohstoffen. Da sie als Drop-In Lösung mit bestehenden Papierbeschichtungs- oder Druckanlagen aufzubringen ist, sind von Industrieseite keine Investitionen notwendig. Das ermöglicht einen einfachen Wechsel von fossil zu biobasiert. Insbesondere für Verpackungspapiere mit einer einmaligen Nutzung kann unser Produkt eine sehr gute Lösung sein, die unnötig thermisch verwertetes Material vermeidet. 

Die beste Verpackung bleibt die, die gar nicht benutzt wird. Wenn doch eine Verpackung notwendig ist, kann unser Produkt den Wechsel von Kunststofffolien zu Papier vereinfachen, da kein Umweg über ein Verbundmaterial, beispielweise PE-kaschierte Papiere, zu gehen ist. Die nachhaltige Transformation der Branche kann somit definitiv beschleunigt werden. 

Ihre Beschichtungen bestehen aus natürlichen Wachsen und nicht-fossilen Rohstoffen. Gibt es Potenzial für Kooperationen mit Chemieunternehmen, beispielsweise bei der Entwicklung neuer Formulierungen oder Bindemittel? 

Wir sind absolut offen für Kooperationen. Die Rohstoffseite ist wahnsinnig spannend, denn es gibt so viele potenziell spannende Rohstoffe – weit über Wachse hinaus – die es wert sind getestet zu werden. Das können Naturstoffe sein, aber auch synthetisch hergestellte Rohstoffe auf nicht-fossiler Basis. Viele Unternehmen arbeiten an biobasierten Lösungen, wir sind offen für Gespräche und gemeinsame Anstrengungen. Immer mit dem Ziel neue Formulierungen und Produkte auf den Markt zu bringen, um die Defossilisierung des Planeten voranzutreiben. 

Sascha Potthoff-Wenner ist gelernter Packmitteltechnologe und Betriebswirt. Nach Gründung seiner eigenen Manufaktur für Naturkosmetik ist er seit 2024 Teil des Entwicklungsteams der Wax Solutions GmbH. 

​​Geld für gute Ideen: Die Förderberatung „Forschung und Innovation“ des Bundes unterstützt Unternehmen dabei, passende Förderprogramme für ihre Innovationsprojekte zu finden. Im Interview erklärt Frau Bender, wie die Beratung funktioniert und warum sich ein Anruf oft doppelt lohnt.

Liebe Frau Bender, Sie sind seit vielen Jahren Beraterin bei der Förderberatung. Was genau macht die Förderberatung und wie unterstützt sie Unternehmen?​ 
 

​​Die Förderberatung „Forschung und Innovation“ des Bundes ist eine zentrale Anlaufstelle für Unternehmen, die nach finanzieller Unterstützung für ihre Projekte in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation suchen. Unsere Aufgabe ist es, Unternehmen – insbesondere kleinen und mittelständischen – dabei zu helfen, die für sie passenden Förderprogramme zu finden. Wir bieten maßgeschneiderte Beratung zu den verschiedenen Fördermöglichkeiten der Bundesministerien und verweisen bei Bedarf auch auf die Förderprogramme der einzelnen Bundesländer und der EU. Wer sich bei uns meldet, erhält schnell und effizient Hinweise, die weiterhelfen.​ 

Warum sollten sich Mitglieder an die Förderberatung wenden?​​ 

​​Unsere Beratungsstelle bietet wertvolle und praxisorientierte Tipps, die Orientierung in der Förderwelt geben. Insbesondere Unternehmer stehen oft vor vielfältigen Herausforderungen, die von Branche zu Branche variieren. Daher gibt es keine universelle Lösung, sondern ein breites Portfolio an Förderangeboten. Unsere Aufgabe ist es, Unternehmen gezielt zu unterstützen, damit sie Zeit und Ressourcen sparen und mit unserer Hilfe den passenden Fördertopf finden. Für KMU gibt es mit dem „Lotsendienst für Unternehmen“ innerhalb der Förderberatung sogar einen speziellen Service, der auf die Förderbedürfnisse von KMU eingeht. Akteure, die sich mit dem Thema Wasserstoff befassen, können sich an unsere „Lotsenstelle Wasserstoff“ wenden. Das sind 3 in einem. Und das Beste: Alle Angebote sind kostenfrei!​ 

Welche Informationen können Interessierte von Ihnen erwarten?​  

​​Wir beraten rund um Forschungs- und Technologieprogramme des BMWK, des BMBF und weiterer relevanter Ministerien. Je präziser uns ein Vorhaben beschrieben wird, desto konkreter können wir die passenden Fördermöglichkeiten benennen. Wir bieten eine fundierte Beratung, egal, ob es um allgemeine Informationen oder tiefgehende Auskünfte zu speziellen Fördermaßnahmen geht. Egal, ob jemand bereits Erfahrung mit Förderung hat oder sich dieses Feld komplett neu erschließen möchte. Uns kann man auf vielen Wegen erreichen. Der einfachste und direkteste Kontakt erfolgt oft telefonisch über unsere Hotline 0800 2623 008, oder per E-Mail an beratung@foerderinfo.bund.de. Zudem sind wir deutschlandweit auf Messen und Veranstaltungen vertreten, wo wir auch Fachvorträge halten und persönliche Gespräche anbieten. Beispielsweise treffen Sie uns jährlich auf der Hannover Messe oder beim Innovationstag Mittelstand des BMWK im Juni in Berlin. Darüber hinaus bieten wir auf unserer Webseite www.foerderinfo.bund.de umfangreiche Informationen, die einen guten ersten Überblick verschaffen.  

​​ Gibt es noch etwas, was Sie unseren LeserInnen mit auf den Weg geben wollen? 

​​Das Wichtigste ist: Je früher man sich bei uns meldet, desto besser. Finanzielle Risiken von Forschung und Entwicklung können durch Fördermittel erheblich gesenkt werden. Wir empfehlen bereits im Rahmen der Projektvorbereitung zu prüfen, ob Fördermittel infrage kommen. Ein Gespräch mit uns lohnt sich! Und wer erst einmal regelmäßig über aktuelle Fördermöglichkeiten auf dem Laufenden gehalten werde möchte, dem empfehle ich, unseren Newsletter. Er erscheint etwa vierzehntäglich in Abhängigkeit von der Bekanntgabe neuer Förderinformationen. In den Verteiler kann man sich ganz einfach auf unserer Webseite eintragen:

Veranstaltungshinweis

Am 3. Juni ist Alexandra Bender als Referentin beim UCB-Café des Umweltcluster Bayern zu Gast – mit einem Impuls zur Förderberatung und konkreten Infos für KMU.

​Alexandra Bender verfügt über langjährige Erfahrungen als Beraterin im Team der Förderberatung „Forschung und Innovation“ des Bundes. Sie berät u. a. kleine und mittlere Unternehmen zu Fördermöglichkeiten für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben. Sie studierte Öffentliches Dienstleistungsmanagement sowie Public Administration. Ihren beruflichen Einstieg hatte sie in der Chemiebranche. Seit mehr als 20 Jahren widmet sie sich dem Thema Forschungs- und Innovationsförderung.​

Weitere Informationen

​​Im Hot Seat Interview spricht Prof. Dr. Markus Sause, Direktor des KI-Produktionsnetzwerks an der Universität Augsburg, über den Transfer von KI aus der Forschung in die industrielle Praxis. Er erklärt, wie insbesondere die chemische Industrie und kleine sowie mittlere Unternehmen von KI profitieren können, gibt Einblicke in konkrete Anwendungsbeispiele und zeigt, wie sein Team Unternehmen bei der Umsetzung unterstützt. Zum Schluss verrät er auch, wie KI seinen persönlichen Alltag bereichert.

Lieber Herr Prof. Dr. Sause, Sie sind Direktor des KI-Produktionsnetzwerk an der Universität Augsburg, welches im Rahmen der bayerischen Hightech Agenda im Herbst 2020 ins Leben gerufen wurde. Was genau ist das KI-Produktionsnetzwerk und welche Ziele verfolgt es? 

Das KI-Produktionsnetzwerk an der Universität Augsburg ist eine Plattform, die Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Start-ups zusammenbringt. Ziel ist es, KI-Technologien aus der Theorie in die industrielle Praxis zu bringen – mit realen Produktionsanlagen im industriellen Maßstab, praxisnahen Pilotprojekten und einem starken Expertennetzwerk. Im Mittelpunkt stehen Effizienzsteigerung, Nachhaltigkeit und Innovationsförderung. 

Wie beurteilen Sie die Rolle der KI in der chemischen Industrie und ist KI auch für KMU relevant? 

Die chemische Industrie kann enorm von KI profitieren, da viele Prozesse hoch komplex sind und potentiell riesige Datenmengen anfallen – von der Materialentwicklung bis zur Produktionssteuerung. KI hilft, Ressourcen effizienter einzusetzen, Ausschuss zu minimieren und Qualitätsschwankungen frühzeitig zu erkennen. Gerade für KMU ist KI relevant, da sie hilft, mit weniger Aufwand präzisere Entscheidungen zu treffen und sich im globalen Wettbewerb zu behaupten.  

Können Sie uns ein konkretes Beispiel liefern? 

Viele Anlagen in der chemischen Industrie werden auf Basis von Erfahrungswerten mit Prozessparametern gefahren, welche die gewünschten Produkteigenschaften erzielen. Oft beruhen diese Erfahrung der Mitarbeiter aber eher auf Bauchgefühl als auf Modellen. Mittels KI-Assistenzsystemen lassen sich die Zusammenhänge zwischen Prozessparametern und Produktqualität aber langfristig erfassen. Das führt dazu, dass diese Assistenzsysteme sich diese Erfahrung aneignen und ab einem gewissen Punkt Vorhersagen für bessere Prozessparameter ermöglichen. 

Wie unterstützen Sie Unternehmen bei der Anwendung von KI? 

Wir helfen Unternehmen, KI gezielt in ihre Produktionsprozesse zu integrieren – von der ersten Idee bis zur konkreten Anwendung. Durch praxisnahe Forschungsprojekte, Testumgebungen im industriellen Maßstab und Schulungen machen wir KI greifbar und einsatzbereit. So unterstützen wir Firmen jeder Größe dabei, effizienter, resilienter und zukunftsfähig zu werden. 

Noch eine persönliche Frage zum Abschluss: Nutzen Sie KI auch privat und falls ja, welche Anwendung finden Sie am hilfreichsten/beeindruckendsten? 

Selbstverständlich nutze ich KI für meinen Büroalltag genauso wie auch privat. Vom Planen meines Urlaubs (“Was muss man in X gesehen haben, wenn ich vier Tage Zeit habe?”) bis hin zu gemeinsamer Wissensaneignung mit den Kindern (“Erkläre mir die erste Mondlandung anschaulich für einen Fünfjährigen”) ist alles dabei.

Seit mehr als 15 Jahren treibt Prof. Dr. Markus Sause als Visionär datengetriebene Technologien voran. In seiner Funktion als Direktor des KI-Produktionsnetzwerks Augsburg setzt er gemeinsam mit einem interdisziplinären Team schon heute die Industrie 5.0 um. Der Fokus liegt auf der bestmöglichen Kooperation von Menschen und Automatisierung, der durchgängigen Nutzung von KI-Technologien, sowie der Entwicklung von nachhaltigen und resilienten Technologien für die Produktion. 

​​Trotz manch gegenteiliger Aussage aus der Politik steht für viele Unternehmen fest, dass sie sich nicht nur an eine grüne Transformation anpassen, sondern diese aktiv gestalten müssen, um sich zukunftsfähig aufzustellen. Die Nutzung erneuerbarer Energien für eine CO2-arme Produktion (Dekarbonisierung) ist heute eine von vielen getroffene Entscheidung. Ebenso wichtig ist auch die Defossilisierung, die Umstellung der Rohstoffbasis auf nicht fossile Ressourcen. Christopher vom Berg ist seit 2021, gemeinsam mit Michael Carus, Executive Manager der Renewable Carbon Initiative und erläutert hier, welche Ziele die Renewable Carbon Initiative (RCI) verfolgt.

Am 9. April haben Sie zudem die Möglichkeit, mit ihm in unserem Webinar „CCB-Spotlight – Carbon Management als Schlüssel zur erfolgreichen Transformation in der Chemieindustrie“ über erneuerbaren Kohlenstoff und Carbon Management zu diskutieren.


Christopher, bitte erkläre unseren Leser:innen, was eigentlich unter Renewable Carbon/erneuerbarem Kohlenstoff verstanden wird und warum sich Unternehmen über Renewable Carbon Gedanken machen sollten.

​​Kohlenstoff ist in den letzten Jahren vor allem als Problem betrachtet worden – zu viel CO2 und zu viele Treibhausgase in der Atmosphäre beschleunigen die Erderwärmung. Allerdings ist Kohlenstoff auch der “Baustein des Lebens“, auf dem Pflanzen und Tiere, viele von uns genutzte Materialien und Produkte und eben auch die gesamte organische Chemie aufgebaut sind. Um den Klimawandel anzupacken, wird in der Regel eine Dekarbonisierung angestrebt – wie z.B. im Energiebereich, wo sie mit Recht und Sinn als Lösung gefordert wird. Die organische Chemie kann allerdings nicht dekarbonisiert werden, da sie vollständig auf der Nutzung von Kohlenstoff basiert. Hierzu gehört auch die Kunststoffindustrie, ohne deren vielseitige Polymere die moderne Welt nicht vorstellbar ist – oder nur mit erheblichem Verzicht und/oder höheren Treibhausgasemissionen. ​​Der fossile Kohlenstoff, der aus dem Boden geholt wird, gelangt früher oder später weitestgehend in die Atmosphäre und erhöht dort die CO2-Konzentration. Nur durch den Verzicht auf fossilen Kohlenstoff kann ein weiterer Anstieg der CO2-Konzentrationen vermieden werden. Was im Energiebereich also die Dekarbonisierung darstellt, ist für die Chemie- und Kunststoffindustrie der Umstieg auf erneuerbaren Kohlenstoff, um nicht weiter neuen fossilen Kohlenstoff aus dem Boden holen zu müssen. ​Inzwischen wird weitgehend anerkannt, dass es nur drei mögliche Quellen erneuerbaren Kohlenstoffs gibt: Erneuerbarer Kohlenstoff aus dem Recycling von bereits vorhandenen Kunststoffen (mechanisches und chemisches Recycling), erneuerbarer Kohlenstoff aus allen Arten von Biomasse und erneuerbarer Kohlenstoff aus direkter CO2-Nutzung, d. h. aus fossilen Punktquellen (solange es diese gibt) sowie dauerhaft aus biogenen Punktquellen und „Direct-Air-Capture“ aus der Atmosphäre. 

In diesem Zusammenhang taucht auch der Begriff „Embedded Carbon“  von Chemikalien und Werkstoffen auf. Was wird darunter verstanden und wie hängt dies mit den Scope 1,2,3 Emissionen zusammen?​ 

​​Hier muss man erstmal generell unterscheiden: Bei der RCI betrachten wir den „embedded carbon“, und meinen damit den Kohlenstoff, der in Chemikalien, Materialien und Produkten gebunden ist. Als „embedded carbon footprint“ werden aber ebenfalls häufiger, vor allem im Baubereich, die Treibhausgasemissionen bezeichnet, welche spezifisch über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts entstehen, so dass man diesem Produkt also einen CO2-Fussabdruck zuordnen kann. ​Unabhängig von dieser Unterscheidung führt die Nutzung von erneuerbarem Kohlenstoff aber generell zu einer Defossilisierung, weil dadurch neuer, fossiler Kohlenstoff durch die erneuerbaren Alternativen aus Biomasse, Carbon Capture und Recycling ersetzt und ein Kohlenstoffkreislauf etabliert wird. ​ ​Und eine solche Defossilisierung hilft dann ganz erheblich dabei, die für einzelne Firmen schwer zu packenden Scope 3-Emissionen zu adressieren. Dazu muss man erst einmal verstehen, dass Scope 1 (Emissionen aus Anlagen, Fahrzeuge und Eigentum der Firma) und Scope 2-Emissionen (zugekaufte Energie) unter direkter Kontrolle der jeweiligen Firma liegen. Scope 3-Emissionen umfassen aber ALLE weiteren Emissionen upstream und downstream, und liegen damit außerhalb der direkten Kontrolle der Firma. ​Die in der Regel wesentlichsten Kategorien innerhalb von Scope 3 umfassen „purchased goods and services“ und „end-of-life treatment of sold products“, und genau hier führt eine Defossilisierung dazu, dass die aus diesen beiden Kategorien entstehenden Emissionen erheblich reduziert und auf Netto-Null gebracht werden können.​ 

Was ist derzeit die größte Hürde, um schnell Erfolge bei der Defossilisierung zu erzielen? ​

​​Um es kurz und knapp auf den Punkt zu bringen: die größte Hürde ist die Konkurrenz mit den fossilen Rohstoffen und Chemikalien. Diese sind preislich in der Regel noch entscheidend günstiger, u. a. wegen steuerlicher Subvention, mangelnder Einpreisung von Externalitätskosten, und weil sie über Jahrzehnte in unseren Systemen etabliert, skaliert und optimiert wurden. Um diese Marktversagen zu überwinden und eine langfristige Veränderung und Transformation zu erreichen, muss über die Schaffung der richtigen politischen Rahmenbedingungen und Anreize gesprochen werden, um sogenannte Leitmärkte zu schaffen. Hier sehen wir immerhin deutliche Signale von der europäischen Kommission, dass diese das Thema inzwischen auf dem Schirm hat und angehen möchte, z.B. durch den Clean Industrial Deal oder das anstehende Update der Bioökonomiestrategie.​ 

Von Lego und Vaude bis zu Covestro und UPM sind zahlreiche bekannte Unternehmen als Teil der Renewable Carbon Initiative bereit, ihren Teil zur Reduktion fossilen Kohlenstoffs beizutragen. Was ist das Ziel der RCI und wie profitieren Unternehmen davon? 

​​Das Ziel der Renewable Carbon Initiative (RCI) ist es, den Übergang von fossilem zu erneuerbarem Kohlenstoff für alle organischen Chemikalien und Materialien zu unterstützen und zu beschleunigen. Die Initiative zielt darauf ab, fossilen Kohlenstoff vollständig durch erneuerbare Kohlenstoffquellen wie Biomasse, CO2 -Nutzung (Carbon Capture and Utilisation, CCU) und Recycling zu ersetzen, um eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft zu schaffen. ​Die Mitglieder der RCI profitieren von verschiedensten Aspekten. Dazu gehört zum einen der gute Ruf des nova-Instituts und der wissenschaftlich fundierten Ausarbeitung und Beratung rund um erneuerbaren Kohlenstoff, zum anderen aber auch viele kleinere Vorteile wie Rabatte, interner Austausch mit Gleichgesinnten, und das Vorschlagen und Abstimmen über Themen, welche die RCI adressiert. Insbesondere möchte ich folgende Punkte hervorheben: 

​Einfluss auf Politik: Die Mitglieder sind aktiv eingebunden in der Ausarbeitung von wissenschaftlichen Berichten und Positionen, um den Übergang zu erneuerbarem Kohlenstoff mitzugestalten und sinnvolle politische Entscheidungen anzustoßen. 
​Erhöhte Sichtbarkeit: Mitgliedsunternehmen werden sichtbar als Vorreiter in der nachhaltigen chemischen Industrie und der gesamten daraus abgeleiteten Wertschöpfungskette wahrgenommen. Das betrifft auch große Endkonsumenten-Sektoren wie Verpackungen, Spielzeuge, Kleidung, Möbel oder Autos. 
​Netzwerkbildung und Zusammenarbeit: Mitglieder können sich mit anderen Unternehmen aus der gesamten Wertschöpfungskette vernetzen, um Innovationen voranzutreiben und gemeinsam an Projekten zu arbeiten.​ 

Das Thema Renewable Carbon nimmt auch in Bayern Fahrt auf. Mittlerweile wird an einer landesweiten Strategie für das Carbon-Management gearbeitet und der Chemie-Cluster Bayern kooperiert mit C.A.R.M.E.N. e.V. im Cross-Cluster Projekt „CCU in Bayern“. Welche Empfehlungen hat die RCI für Politik und Wirtschaft in Bayern, um eine kreislauffähige Kohlenstoffwirtschaft zu realisieren? 

​​Zuerst sollte klar definiert werden, welche Themen in der Carbon-Management Strategie adressiert werden sollten. Leider sehen wir häufiger noch, dass diese Strategien vor allem einen Fokus auf CO2 als Treibhausgas haben, und dann im Rahmen dessen die Themen Carbon Capture and Storage und Carbon Capture and Utilisation mitgedacht werden. Das ist z.B. in den Strategien von Deutschland und Österreich der Fall. Wir wünschen uns, dass Carbon Management weitergedacht wird und auch die Rohstoffversorgung derjenigen Sektoren mitberücksichtigt, die langfristig Kohlenstoff als Rohstoff benötigen. Das ist z.B. in den Strategien der EU und NRW sichtbarer hinterlegt. ​Damit der Freistaat Bayern eine kreislauffähige Kohlenstoffwirtschaft realisieren kann, sollte er auf der einen Seite Bedarf und Nachfrage an (erneuerbarem) Kohlenstoff analysieren: wie viel Kohlenstoff brauchen die bayerischen Unternehmen und Produzenten? Wie kann dieser Bedarf aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden?  
Zum anderen sollten gezielte Schritte eingeleitet werden, um eine Defossilisierung der beheimateten Chemie zu ermöglichen. Die bereits erwähnten Leitmärkte können durch gezielte „Market-Pull“-Maßnahmen geschaffen werden, zu denen z.B. Ziele für erneuerbaren Kohlenstoff (oder auch einzelne Ziele für bio-basiert, CCU und recycling) gehören würden. Allerdings ist dies eher eine Stellschraube auf nationaler oder EU-weiter Ebene. ​Bayern selbst könnte dementsprechend weitere, regional umsetzbare Maßnahmen untersuchen, um den Marktbedarf zu erhöhen, etwa durch gezielte finanzielle Unterstützung zur industriellen Nutzung von erneuerbarem Kohlenstoff oder Vorschriften für die öffentliche Beschaffung. Darüber hinaus ist ein kontinuierlicher Dialog mit den verschiedenen ”Rohstofflieferanten“ –  Bauern und Förster für Biomasse, Abfallverwerter für Recycling, Abfallverbrennung und Technologieprovidern für CCU – und Abnehmern entlang der gesamten Wertschöpfungskette empfehlenswert, sowohl um generell das Thema sichtbarer zu machen als auch um die spezifischen Bedürfnisse in Bayern gezielter erfassen und adressieren zu können.​ 

Christopher vom Berg ist einer von zwei Geschäftsführern der Renewable Carbon Initiative (RCI) und arbeitet seit Oktober 2017 für das nova-Institut, wo er sich mit Nachhaltigkeits- und Politikthemen beschäftigte und weiterhin beschäftigt. In seinem Tagesgeschäft konzentriert sich Christopher vom Berg vor allem auf die Leitung und den weiteren Ausbau der RCI, die Entwicklung strategischer Konzepte für die Transformation der chemischen Industrie hin zu erneuerbarem Kohlenstoff und die Untersuchung von Politiken und Vorschriften, die sich auf die verschiedenen Säulen Biomasse, Kohlenstoffabscheidung und Recycling auswirken, die unter dem Oberbegriff erneuerbarer Kohlenstoff zusammengefasst sind. ​  

Lars Havighorst erklärt uns im Interview wie er zur Gründungsidee von blue activity kam und was seine Firma an der Kühlwasserbehandlung revolutioniert.

Das Gespräch ist auch als Video unten im Beitrag zu sehen.


Hallo Lars, vielen Dank, dass du Dir die Zeit für dieses Interview mit uns nimmst. Was hat dich dazu bewegt blue activity zu gründen und in der Wasseraufbereitung für Industrieunternehmen aktiv zu werden?

Wir haben blue activity 2021 mit einer klaren Vision gegründet: die Kühlwasserbehandlung radikal zu verändern. Die herkömmliche Methode basiert auf Gefahrstoffen, die letztendlich in unsere Umwelt gelangen und dort die Biodiversität schädigen. Unser Ziel war es, diese Gefahrstoffe nicht nur zu reduzieren, sondern vollständig zu eliminieren.
Daher haben wir uns auf die Entwicklung von Lösungen mit Mikroorganismen konzentriert und umfangreiche Tests durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigen, dass eine gründliche Reinigung der Systeme deutlich wirksamer ist als die übliche Symptombehandlung. Ein zusätzlicher Vorteil ist die erhebliche Einsparung der Ressource Wasser, was wiederum in vielen Bereichen positive Auswirkungen hat.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden zwar oft betont, rücken in der Praxis dann aber doch eher in den Hintergrund. Welche Vorteile bietet die nicht-biozidale Wasserbehandlung von blue activity gegenüber herkömmlichen Methoden?

Es gibt mehrere überzeugende Gründe. Der Hauptvorteil ist, dass wir das Kühlwassersystem komplett ohne Gefahrstoffe betreiben können. Das bedeutet, Gefahrstoffschulungen werden überflüssig und der Arbeitsschutz verbessert sich deutlich. Der wesentlichste Faktor für den Wechsel von konventionellen zur blue activity-Lösung ist jedoch, dass wir nicht mehr nur Symptome behandeln, sondern das gesamte System gründlich reinigen.
Als Anbieter eines mikrobiologischen Produkts können wir einen sicheren Übergang gewährleisten. Sollte es zu einer unerwünschten Erhöhung der Kontaminationsraten kommen, können wir sofort mit einem Biozid gegensteuern – genau das, wofür Biozide entwickelt wurden.
Unser besonderer Vorteil liegt darin, dass durch den Ersatz des herkömmlichen Biozids durch unsere innovativen Mikroorganismen erstmals deutlich bessere Wasserressourceneinsparungen möglich sind. Die Abwasserwerte verbessern sich erheblich, was einen bedeutenden Einfluss auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung hat, insbesondere im Hinblick auf die ESRS- oder CSRD-Richtlinien, die für große Unternehmen zunehmend wichtiger werden.

Was braucht ein Unternehmen, um von der klassischen Wasserbehandlung auf blue activity umzusteigen?

Die gute Nachricht ist: Der Kunde muss an seinen täglichen Abläufen oder bestehenden Prozessen praktisch nichts ändern. Wir dosieren unser neues Produkt mit Mikroorganismen genau an denselben Stellen, wo heute die herkömmlichen Produkte eingesetzt werden.
Was wir zusätzlich mitbringen, ist ein völlig neues Steuerungssystem. Dieses Board ermöglicht die Überwachung von bis zu neun verschiedenen KPIs. Es stellt sicher, dass wir die Hygienesicherheit rund um die Uhr im Blick behalten– dafür haben wir einen speziellen Biofilm-Sensor integriert. Außerdem können wir gemeinsam mit dem Kunden weiteres Optimierungspotenzial identifizieren und umsetzen.
Hierfür ist es hilfreich, mehr als nur die Standardparameter zu kennen und alles täglich rund um die Uhr zu überwachen. Der eigentliche Umstellungsprozess dauert nur etwa zweieinhalb Tage. Nach dem Einbau des Boards folgt eine kurze Wartezeit, bis das vorhandene Biozid abgeklungen ist. Danach können wir mit unseren Mikroorganismen beginnen, ohne dass unser Produkt beeinträchtigt wird.

Dein Unternehmen ist noch jung und verhältnismäßig klein. Warum sollten große Chemiekonzerne ausgerechnet auf blue activity setzen, anstatt auf etablierte Anbieter und Systeme zu vertrauen?

Der Markt braucht dringend echte Innovation – wenn wir auf die letzten 60-70 Jahre zurückblicken, wird das deutlich. Blue activity steht für eine wirkliche Innovation und nicht bloß für eine Reduzierung, die als Innovation verkauft wird.
Ein weiterer Vorteil ist, dass wir als Startup klein und agil sind. Dadurch können wir sehr schnell auf Veränderungen reagieren. Wir möchten gemeinsam mit großen Kunden weitere Erkenntnisse sammeln und Verbesserungspotenziale erschließen, die über den reinen Produktwechsel hinausgehen – etwa bei der Instandhaltung, der Verlängerung der Laufzeit von Kühltürmen, der Reduzierung von Ausfallzeiten oder der Verbesserung von CO₂-Bilanzen und Pumpenleistungen.
Dafür benötigen wir das Feedback großer Partner. Als Startup haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, einen völlig neuen Servicegedanken zu etablieren und kontinuierliche Optimierungen voranzutreiben. Nach aktuellen Erkenntnissen liegt das Kosteneinsparpotenzial bei etwa 29%, könnte aber mit weiteren Daten noch deutlich steigen.

Welche Referenzkunden hat blue activity bereits, und welche Ergebnisse konnten bei ihnen erzielt werden?

Unsere Akquise war bisher sehr erfolgreich. Wir haben beispielsweise die BASF als Kunden gewinnen können. Im April wird bereits das vierte System bei BASF implementiert, und wir sind bereits an zwei verschiedenen Standorten aktiv. Dieser Referenzkunde ist ausgesprochen zufrieden.
Aus der Stahlbranche haben wir unter anderem die Salzgitter Stahl AG als Kunden, die ebenfalls sehr zufrieden ist. Dort konnten wir die Effizienz der Kühlturmleistung während der Behandlungsphase, die jetzt schon über zwei Jahre läuft, deutlich steigern.
Die Wasserwerte konnten in allen Fällen erheblich verbessert werden. Was unsere Kunden besonders schätzen: Sie müssen sich nach dem Wechsel zu blue activity kaum noch um den Kühlturmbetrieb kümmern, da wir diese Aufgabe komplett übernehmen. Genau diesen umfassenden Service möchten wir implementieren.

Gibt es noch etwas, was Du unseren LeserInnen mit auf den Weg geben willst?

Es wurde bereits viel erreicht, auch viel Gutes. Doch jetzt ist die Zeit gekommen – sowohl marktbedingt als auch aufgrund der klimatischen Bedingungen – völlig neue Wege zu gehen. Wir brauchen ein komplettes Umdenken und mehr Offenheit gegenüber innovativen Startup-Lösungen.
Blue activity ist eine von vielen Lösungen, die dazu beitragen kann, die Verschmutzung unserer Wasserressourcen zu reduzieren – nicht nur des Grundwassers, sondern der Wasserqualität generell. Unser Prinzip: Was wir nicht in die Umwelt eintragen, müssen wir später nicht aufwändig aus unserem Wasser entfernen.
Wir brauchen gute Wasserqualität für unser Trinkwasser – das ist unser wertvollstes Gut. Jede noch so kleine Verbesserung in diese Richtung ist hilfreich. Daher freuen wir uns auf Kontaktaufnahmen und stehen für Gespräche bereit. Wir können schon jetzt garantieren, dass wir die aktuelle Situation definitiv verbessern können.

Lars Havighorst, Founder und CEO von blue activity war vor der Gründung 2021 über 15 Jahre in der Finanzbranche im Sales tätig, bevor er seiner Passion folgte, mehr zum Erhalt unserer Wasserressourcen wie auch einer Verbesserung deren Qualität über innovative und nachhaltige Lösungen aktiv beizutragen. Heute verantwortet er die Bereiche Finanzen, Business Development und Strategie bei der blue activity GmbH. 

Video zum Interview

Translated with ChatGPT

Youri Mesmoudi, the Executive Vice President of Taros Chemicals GmbH & Co. KG, explains in the Hot Seat interview how the company supports the pharmaceutical, biotech, agrochemical, and deep-tech industries with innovative chemical solutions. From tailored drug discovery to sustainable synthesis processes – Taros accelerates R&D projects efficiently and helps companies develop competitive and environmentally friendly solutions.

Can you give us a brief overview of Taros Discovery? What services do you offer, and which companies or industries benefit the most from your expertise?


Taros Chemicals GmbH & Co. KG is an independent, privately held contract research organization based in Dortmund, Germany. Since 1999, we have been providing customized synthesis solutions and chemical services for biotechnology, pharmaceutical, agrochemical, deep-tech, and performance materials companies.
In our “Drug Discovery” business unit, we offer the full spectrum of chemical and biological services for drug development up to the clinical phase. In our “Performance Chemicals” business unit, our scientists primarily support clients from the chemical industry and startups in the deep-tech, green-tech, and related sectors in developing new (bio-based) high-performance chemicals with enhanced properties and competitive advantages. We also assist in scaling these from the lab to production.
Additionally, we leverage our expertise and technical facilities in Germany and India to optimize and refine already established production processes for clients. This includes improving cost efficiency, process safety and robustness, and implementing more environmentally friendly synthesis methods.

Innovation plays a major role in chemical research. How does Taros Discovery support companies in developing innovative solutions and efficiently advancing their R&D projects?

Innovation drives chemical research, and Taros Discovery actively supports companies in efficiently executing their R&D projects. With our expertise in customized synthesis and computational chemistry, we develop innovative solutions for specific challenges.
By utilizing digital tools, automation, and Design of Experiments (DOE) methods, we explore and optimize molecules, develop new chemical entities, enhance synthesis processes, and produce commercial quantities at our site in India. Our goal is to be a reliable partner in enabling, accelerating, and commercializing our clients’ innovations as quickly as possible.
With over 110 employees across our locations, we actively shorten development times, minimize R&D risks for our clients, and help them achieve their market entry goals.

Sustainability is becoming increasingly important in the chemical industry. What approaches does Taros Discovery take to promote sustainable and environmentally friendly solutions in chemical research?


Alongside innovation, we work closely with our clients to integrate sustainable chemistry and circular economy principles, minimizing environmental impact and establishing long-term resource-efficient solutions.One key approach is optimizing chemical syntheses to replace hazardous solvents and streamline reaction pathways. For example, we reduce the use of toxic solvents like dichloromethane and replace them with greener alternatives such as water or biodegradable solvents.
We also improve reaction atom economy by minimizing byproducts and using raw materials more efficiently. Transitioning to milder reaction conditions—such as performing reactions at room temperature instead of high-temperature processes—significantly reduces energy consumption.
Additionally, we prioritize the use of renewable raw materials and recycling processes. Instead of relying solely on petrochemical feedstocks, we develop syntheses using bio-based raw materials such as sugars, plant oils, or even CO₂ as an alternative carbon source, where it aligns with our clients’ project goals. We also implement recycling strategies, such as solvent recovery through distillation and the regeneration of expensive catalysts like palladium or platinum, helping our clients reduce both costs and environmental impact.
Another crucial aspect of our sustainable research is reducing the amount of reactants, solvents, and energy required for a synthesis through more efficient processes. When the underlying chemistry and business case allow, we increasingly use flow chemistry, which offers more precise control over reaction conditions, saves energy, and reduces waste compared to conventional batch processes. Additionally, we incorporate enzymatic synthesis as an alternative to chemical reagents, avoiding the production of hazardous byproducts.
Our goal is to embed sustainability not just as a concept but as a fundamental part of chemical research and development. Through our innovative approaches, we offer our clients and partners environmentally friendly solutions while also providing economic and regulatory advantages.

Is there anything else you would like to share with our readers?

Recent article – “It’s Flowing in the SME Sector”: Taros, Ehrfeld, and HitecZang are helping small and medium-sized enterprises (SMEs) adopt flow chemistry and integrate it into their business in a cost-effective manner. This enables, for example, the faster production of aroma compounds while requiring less space for manufacturing facilities.

​​Mit einem Doppelabschluss in Betriebswirtschaftslehre von der European School of Business (ESB) der Reutlingen University und dem Centre d’Études Supérieures Européennes de Management (CESEM) in Reims bringt Youri Mesmoudi umfassende Expertise in den Bereichen Geschäftsstrategie, kommerzielle Führung und internationale Marktexpansion mit. Seit seinem Einstieg bei Taros im Jahr 2011 ergänzt er das Unternehmen mit seinem weitreichenden kaufmännischen Know-how und treibt gezielt die Geschäftsentwicklung voran. Als zentrale Kraft hinter der Expansion von Taros spielt er eine entscheidende Rolle bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens, der Stärkung von Partnerschaften und der Bereitstellung maßgeschneiderter chemischer Lösungen für Kunden aus den Bereichen Life Sciences, Biotechnologie, Material Sciences und Medizintechnik weltweit. Seit 1993 hatte Youri leitende Managementpositionen in verschiedenen Branchen inne, mit Fokus auf General Management, Finanzen, Geschäftsentwicklung und Marketing in renommierten Unternehmen wie Mercedes-Benz, NSM-Löwen der FRANKE Group und Arvato-Bertelsmann. Seine Fähigkeit, Organisationen durch strategisches Wachstum zu führen, Geschäftsprozesse zu optimieren und leistungsstarke Teams zu leiten, war dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Als Entrepreneur co-gründete und skalierte er erfolgreich ein IT-Unternehmen für Web-Softwarelösungen, das über 10.000 Lizenzen in der D-A-CH-Region verkaufte. Bei Taros setzt sich Youri gezielt für Innovation, nachhaltiges Wachstum und den Einsatz neuer Technologien ein, um die Position des Unternehmens in der chemischen Forschung und Produktion weiter zu stärken und nachhaltig auszubauen.​ 

Mit ChatGPT übersetzt

Heute begrüßen wir Denys Shevchenko, den CEO des Start-ups Copper Lavender, auf unserem Hot Seat. Denys erklärt uns die Technologie von Copper Lavender.


Hallo Denys, euer Start-up wandelt CO₂ in Acetylen um – einen wichtigen Baustein für die chemische Industrie. Wie unterscheidet sich eure Technologie von anderen CO₂-Nutzungsansätzen, und welche spezifischen Vorteile bietet euer Unternehmen der chemischen Industrie?

Bis zu einem gewissen Grad ähnelt unser Ansatz anderen Unternehmen, die an der elektrochemischen Umwandlung von CO₂ zu Ethylen arbeiten – einem Chemikalienprodukt mit hohem Marktvolumen, das als Ausgangsmaterial für viele Kunststoffe dient.

Unser entscheidender Unterschied liegt jedoch in der Wahl unserer Plattform-Moleküle. Anstatt Ethylen ins Visier zu nehmen, das zwar einen riesigen Markt hat, aber erst bei großskaliger Produktion rentabel wird, konzentrieren wir uns auf Acetylen. Acetylen ist eine Basischemikalie mit einem kleineren Markt, aber einem direkten Zugang zu hochpreisigen Spezialchemikalien.

Bei der Kommerzialisierung einer Labortechnologie ist die beste Strategie, möglichst früh Umsätze zu generieren. Das bedeutet, dass niedrige Produktionsmengen mit hohen Margen Priorität haben – und genau das ermöglicht Acetylen. Acetylen ist bereits ein etablierter Baustein in der chemischen Industrie und wird zur Herstellung von Parfums, Pharmazeutika, Kunststoffen und Beschichtungen verwendet. Unser erster Markteintritt erfolgt in den Bereichen Parfümerie und Pharmaindustrie, wo die Nachfrage nach nachhaltigen Inhaltsstoffen steigt und Premiumpreise eine frühe Kommerzialisierung ermöglichen.

Wir haben jedoch nicht vor, dort stehen zu bleiben. Unser langfristiges Ziel ist es, die Produktion zu skalieren und in größere Märkte wie Kunststoffe und fortschrittliche Materialien zu expandieren, sodass unser CO₂-basiertes Acetylen zu einer Mainstream-Alternative zu fossilen Chemikalien wird. Indem wir mit hochwertigen, niedrigvolumigen Anwendungen beginnen und schrittweise expandieren, bauen wir einen skalierbaren und wirtschaftlich nachhaltigen Weg zu einer wirklich fossilfreien Chemieindustrie auf.

Für Unternehmen in der chemischen Industrie bieten unsere CO₂-basierten chemischen Produkte eine nahtlose, drop-in-fähige Alternative zu fossilen Chemikalien. Sie ermöglichen eine Reduktion des CO₂-Fußabdrucks, ohne Änderungen an bestehender Infrastruktur, Produktionsmethoden oder Lieferketten zu erfordern. Das bedeutet, dass Unternehmen ihre Scope-3-Emissionen senken und ihre Geschäftsmodelle zukunftssicher gestalten können, ohne bei Leistung, Qualität oder Wirtschaftlichkeit Abstriche machen zu müssen.

Von der Parfümerie bis zur Pharmaindustrie – eure acetylenbasierten Produkte haben vielfältige Anwendungen. Welche konkreten Kooperationsmöglichkeiten seht ihr mit der deutschen Chemieindustrie, und wie könnten beide Seiten von solchen Partnerschaften profitieren?

Die Vernetzung mit der deutschen Chemieindustrie ist für uns eine strategische Entscheidung. Deutschland hat eine lang etablierte Acetylen-Wertschöpfungskette, insbesondere durch BASF und die Pionierarbeit von Prof. Walter Reppe, der in den 1930er-1950er Jahren die industrielle Chemie von Acetylen vorantrieb. Das bedeutet, dass wir deutschen Chemikern nicht erst erklären müssen, warum Acetylen ein wichtiger Rohstoff ist – sie kennen bereits seine Bedeutung und Vielseitigkeit.

Zudem hat Deutschland eine starke Tradition in der Duft- und Aromenindustrie, mit Unternehmen wie Symrise, dessen 150-jährige Geschichte auf die Gründung der Haarmann & Reimer Vanillinfabrik im Jahr 1874 zurückgeht. Dadurch ist Deutschland ein idealer Standort für Kooperationen, da sowohl die industrielle Infrastruktur als auch die Marktnachfrage für acetylenbasierte Produkte bereits vorhanden sind.

Deutsche Unternehmen können von unserer Technologie profitieren, da sie als drop-in-Lösung funktioniert – sie erfordert keine Änderungen an bestehenden chemischen Prozessen. Unternehmen können einfach von fossilen Rohstofflieferanten zu unseren erneuerbaren Alternativen wechseln, ohne ihre Infrastruktur, Technologie oder Produktionsmethoden anpassen zu müssen. Unser CO₂-basiertes Acetylen und die ersten nachgelagerten Produkte wie 1,4-Butandiol und 2-Methyl-3-butyn-2-ol sind chemisch identisch mit ihren fossilen Gegenstücken. Dies ermöglicht es deutschen Chemieunternehmen, ihre Produkte nachhaltiger und fossilfrei zu gestalten, ohne operative Unterbrechungen, und gleichzeitig ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Euer Unternehmen hat sich verpflichtet, bis 2040 vollständig fossilfrei zu werden. Wie sieht eure Roadmap aus, und welche Rolle spielen Partnerschaften mit etablierten Chemieunternehmen dabei?

Ich bin überzeugt, dass es einfacher ist, ein fossilfreies Unternehmen von Grund auf zu entwickeln, als ein bestehendes Unternehmen umzustellen. Etablierte Chemieunternehmen haben komplexe Lieferketten und langjährige Prozesse, die auf fossilen Rohstoffen basieren, wodurch die Umstellung auf fossilarme Alternativen langsam und teuer wird. Als junges Unternehmen haben wir diese Einschränkungen nicht. Stattdessen haben wir die Freiheit, von Anfang an die richtigen Entscheidungen zu treffen und sicherzustellen, dass fossilarme Alternativen direkt in unsere Abläufe integriert werden, anstatt sie später aufwendig nachzurüsten.

Ein Beispiel: Wir können von Anfang an Verträge für 100 % erneuerbaren Strom abschließen – in Schweden, wo unser Hauptsitz liegt, wird bereits 98 % der Elektrizität fossilfrei produziert. Unser Prozess zur Umwandlung von CO₂ in Acetylen benötigt keine fossilen Chemikalien, wodurch wir eine starke Ausgangsposition haben.

Dennoch ist die vollständige Transformation der chemischen Industrie eine gemeinschaftliche Aufgabe. Hier kommen Partnerschaften mit etablierten Chemieunternehmen ins Spiel. Unser Ziel ist es, fossilarme Chemikalien anzubieten, die Unternehmen dabei helfen, ihre Kohlenstoffverpflichtungen zu reduzieren – insbesondere im Bereich der Scope-3-Emissionen, die in ihren Lieferketten entstehen – ohne dass große Investitionen in neue Infrastruktur erforderlich sind.

Gleichzeitig wissen wir als junges Chemieunternehmen, dass wir von der Erfahrung etablierter Akteure profitieren können. Ein besseres Verständnis dafür, welche Chemikalien den größten Einfluss haben, hilft uns, die effektivsten Lösungen zu priorisieren und den Wandel hin zu einer nachhaltigen Zukunft zu beschleunigen.

Denys Shevchenko hat einen Doktortitel in Koordinationschemie von der Universität Kiew, Ukraine. Von 2009 bis 2011 war er Marie-Curie-Individualstipendiat im Schwedischen Konsortium für künstliche Photosynthese, wo er Katalysatoren für die lichtgetriebene Wasseroxidation entwickelte und so zur Forschung im Bereich nachhaltiger Energie beitrug. Im Jahr 2022 gründete er Copper Lavender mit der Mission, die chemische Industrie zirkulär zu gestalten, indem CO₂ als erneuerbare Kohlenstoffquelle genutzt wird, um fossile Rohstoffe zu ersetzen. Vor der Gründung von Copper Lavender sammelte Denys umfassende Erfahrung in Auftragsforschung, analytischer Chemie, Massenspektrometrie und Toxikologie bei Recipharm, einem führenden internationalen CDMO.

Im Hot Seat spricht Amelie Reigl (@dieWissenschaftlerin) nicht nur von  ihrer Projektleitung bei TigerShark Science, wo sie menschliche Hautmodelle entwickelt, sondern erklärt uns auch wie wichtig die Kommunikation von Wissenschaft und dessen Prozessen ist. 


Liebe Amelie, danke, dass Du Dich unseren Fragen stellst. Du bist in eine neue Position am Fraunhofer ISC TLZ-RT gekommen. Kannst Du uns erzählen, was dieses Projekt für Ziele und Herausforderungen hat und welche Relevanz dieses Projekt für dich bzw. die Gesellschaft hat? 

In meiner neuen Position am Fraunhofer ISC TLZ-RT liegt der Fokus darauf, komplexe Hautmodelle zu entwickeln, die Tierversuche in der Forschung reduzieren können. Unser Ziel ist es, realistische, menschliche Hautmodelle zu schaffen, die nicht nur ethisch vertretbar sind, sondern auch wissenschaftlich zuverlässigere Ergebnisse liefern. Die größte Herausforderung besteht dabei darin, die Modelle standartisiert und skalierbar zu gestalten, damit sie die Hautfroschung in Kosmetik- und Pharmaindustrie wirklich verbessern können.  

Das Fraunhofer ist oft eine Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und Anwendung. Gibt es schon jetzt oder zukünftig konkrete anwendungsbezogene Kooperationen? Wenn ja, welche? 

Ja, definitiv! Wir arbeiten eng mit Pilotkunden aus der Kosmetik- und Pharmaindustrie zusammen, um unsere Hautmodelle gezielt auf ihre Bedürfnisse abzustimmen. Diese Kooperationen sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die Modelle nicht nur im Labor, sondern auch in der Praxis bestehen. Ein Beispiel ist die Anwendung unserer Hautmodelle zur Testung von Haarwachstumsprodukten in der Kosmetik oder zur Untersuchung von Nebenwirkungen bei der Mediakmentenentiwcklung mit einem weltweitführenden Pharmaunternehmen. Zudem planen wir, die Zusammenarbeit mit Partnern im Bereich der personalisierten Medizin zu erweitern, um innovative Therapien für Hauterkrankungen zu entwickeln. 

Viele kennen Dich unter dem Namen “@dieWissenschaftlerin” auf beispielsweise TikTok mit über 400.000 Followern. Was hat dich zu dieser Art der Kommunikation gebracht? Welchen Stellenwert hat für Dich die Wissenschaftskommunikation und welchen Raum nimmt sie im Alltag ein? 

Wissenschaftskommunikation ist für mich eine absolute Leidenschaft. Ich möchte zeigen, dass Forschung nicht abstrakt oder elitär ist, sondern unser tägliches Leben prägt. TikTok und andere Plattformen bieten die Möglichkeit, komplexe Themen einfach und unterhaltsam zu vermitteln. Gerade junge Menschen können so für Wissenschaft begeistert werden. Für mich ist es eine Balance: Mein Alltag ist geprägt von meiner Forschung, aber die Kommunikation ist der Schlüssel, um diese Forschung auch für die Gesellschaft sichtbar und zugänglich zu machen. Mit dem Format “Der Alltag einer Wissenchaftlerin” nehme ich meine Follower wirklich mit ins Labor und zeige ihnen was ich als Forscherin mache.  

Denkst Du, dass insgesamt mehr Wissenschaft oder auch Anwendungen von beispielsweise Start-ups kommuniziert werden müsste? Welche Vorteile hätte das? 

Absolut! Wissenschaft und Innovation bleiben oft in Fachkreisen hängen, dabei hat die Öffentlichkeit ein großes Interesse daran. Eine stärkere Kommunikation würde helfen, Vorurteile abzubauen, Transparenz zu schaffen und Vertrauen in wissenschaftliche Entwicklungen zu fördern. Besonders Start-ups könnten durch eine klare Kommunikation nicht nur Aufmerksamkeit für ihre Lösungen gewinnen, sondern auch potenzielle Partner und Investoren überzeugen. Gleichzeitig bietet es der Gesellschaft die Möglichkeit, von neuen Technologien zu profitieren und aktiv an der Innovationslandschaft teilzuhaben. 

Gibt es noch etwas, was Sie unseren LeserInnen mit auf den Weg geben wollen? 

Wissenschaft lebt von Neugier und Zusammenarbeit. Mein Rat an alle: Hinterfragt, lernt, und lasst euch begeistern – sei es durch Forschung, Technologie oder einfach durch die kleinen Wunder des Alltags. Und wenn ihr euch fragt, wie ihr selbst einen Beitrag leisten könnt: Bleibt neugierig!  

Amelie Reigl (30) ist Biologin und Projektleiterin von TigerShark Science, einem Start-up, das menschliche Hautmodelle im Labor züchtet, um Tierversuche zu reduzieren. Mit ihrem Team plant sie die Ausgründung, um innovative Alternativen für Medizin und Kosmetik zu entwickeln.
Neben ihrer Forschung betreibt sie als @dieWissenschaftlerin Wissenschaftskommunikation auf TikTok und Instagram, wo sie über 400.000 Follower begeistert und Einblicke in Forschung und den Alltag einer Wissenschaftlerin gibt.