Hot Seat: Pamela Valdivia | Bayerische Repräsentanz für Südamerika

Datum: 14 Mai, 2024

Die Bayerische Repräsentanz für Südamerika, geleitet von Pamela Valdivia, dient seit 2013 als Brücke zwischen Bayern und den Märkten Argentiniens, Chiles, Kolumbiens, Perus und Uruguays. Im Hot Seat Interview gibt uns Señora Valdivia Einblicke in die Rolle, Bedeutung und Potenziale dieser transkontinentalen Partnerschaft für kollaborative Innovation und die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft.


Buenos Dias, Señora Valdivia. Seit 2013 leiten Sie die Bayerische Repräsentanz Südamerika für Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru und Uruguay. Können Sie unserem Cluster einen Einblick verschaffen, was die Bayerische Repräsentanz ist und was Sie tun?

Die Bayerische Repräsentanz für Südamerika vertritt die Interessen des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, sowie der bayerischen Wirtschaft mit Fokus auf die Innovationsstrategie in diesen 5 lateinamerikanischen Märkten: Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru und Uruguay. Hierfür arbeitet die Repräsentanz mit den Innovationsökosystemen vor Ort zusammen, um zur Anbahnung und Intensivierung von internationalen Vernetzungs- und Kooperationsaktivitäten beizutragen. Die Bayerische Repräsentanz für Südamerika unterstützt so nicht nur Bayerns exportorientierte Wirtschaft vor Ort, sondern trägt dazu zur Stärkung und zum Ausbau der bayerischen Spitzenposition bei.

Wir vernetzen Großunternehmen, innovative KMU und High-Tech-Startups, Vertreter der angewandten Forschung, regionaler und nationaler Regierungen, und auch Vertreter aus dem Bereich Venture Capital und konzentrieren uns auf die bayerischen Schlüsselbranchen und Spezialisierungsfelder der Innovationsstrategie. D.h. wir arbeiten proaktiv mit Innovations- und Gründerlandschaften zusammen, um die Schnittstellen für Cross-Innovations-Potenziale zwischen Bayern und Südamerika zu identifizieren und gemeinsam ganzheitliche Lösungsansätze für wirtschaftliche, wissenschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen zu entwickeln.

Dank unserem Arbeitsansatzes haben wir ein Netzwerk von Innovationsökosystemen schaffen können, das den Bedarf in Lateinamerika identifiziert und mit den passenden Kapazitäten in Bayern zusammenbringt. Im Gegenzug haben wir Zugang zu Innovationsmöglichkeiten, zu realen Problemen realer Kunden und zu Leads für die bayerische Wirtschaft erhalten. Wir haben neue Ideen für Produkte, Dienstleistungen und Prozesse für eine erfolgreiche Anwendung in den südamerikanischen Märkten übermittelt und gefördert, damit bayerische Unternehmen ihre Absatzmärkte stärker diversifizieren können.

Die bayerische Wirtschaft wird deshalb vor Ort als ein relevanter Partner geschätzt, der der Gesamtheit aller Akteure Mehrwert bietet, ein Partner für langfristige und sinnvolle Innovationsprojekte, der somit auch zur Stärkung der deutschen Innovationspolitik sowie der europäischen Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik beiträgt.

Warum sind Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru und Uruguay so interessant für die Bayerische Wirtschaft und auch die chemische Industrie?

Lateinamerika, das so anfällig für Naturkatastrophen ist, wird einer der Hauptschauplätze im Kampf gegen den Klimawandel sein. Mit 2/3 der weltweiten Lithiumreserven und 40% der Kupferreserven wird der Kontinent ein strategischer Lieferant für die grüne Wirtschaft und eine reichhaltige Quelle für Nahrung und frisches Wasser sein. So bleibt Lateinamerika eine Entwicklungsregion, in der die Demokratie noch am weitesten verbreitet ist. Die Region bietet dazu nicht nur interessante, noch wenig erschlossene Absatzmärkte, sondern auch mögliche Beschaffungsmärkte für die bayerischen Schlüsselbranchen.

Außerdem beherbergt Lateinamerika rund die Hälfte der weltweiten Artenvielfalt und ein Viertel der Wälder. Dank reichlich Wind und Sonne sowie starker Flüsse stammt derzeit mehr als ein Viertel der Primärenergie aus erneuerbaren Quellen, doppelt so viel wie im weltweiten Durchschnitt. Nach Angaben des Global Energy Monitor werden bis 2030 voraussichtlich 320 Gigawatt an Solar- und Windkraftprojekten ans Netz gehen, was einer Steigerung von 460% gegenüber der bestehenden Solar- und Windkapazität entspricht. Auch die Infrastruktur zur Übertragung dieser Energie wird ausgebaut. Lateinamerika könnte auch zu einem bedeutenden kostengünstigen Produzenten von „grünem“ Wasserstoff werden, der aus erneuerbaren Quellen hergestellt wird und für einige Anwendungen eine saubere Alternative zu fossilen Brennstoffen darstellt.

Laut The Economist, steht die Region auch an der Spitze der Innovationen im Bereich der Klimafinanzierung. Im Jahr 2022 war Chile das erste Land der Welt, das Anleihen mit einem reduzierten Zinssatz ausgab, wenn es Nachhaltigkeitsziele erreicht, und hat so 2 Milliarden US-Dollar eingenommen. Uruguay folgte diesem Beispiel und brachte fast 4 Milliarden US-Dollar ein. Im Jahr 2023 führte Ecuador den weltweit größten Schulden-gegen-Natur-Swap durch, wobei die Ersparnisse dem Schutz der Galapagos-Inseln zugutekamen. Der scheidende Präsident des Landes hat die Artenvielfalt als neue „Währung“ bezeichnet. Dieser Trend wird sich im Jahr 2024 fortsetzen, nachdem in Brasilien nachhaltige Anleihen im Wert von 2 Milliarden US-Dollar emittiert wurden.

Zeichnen sich dabei aktuell spezielle Trends und Entwicklungen ab?

Wenn wir uns die wichtigsten Hauptstädte Lateinamerikas genauer ansehen, sind in ihren Innovationsökosystemen normalerweise alle 5 notwendigen Akteure für Innovationsprojekte vertreten (nationale und regionale Regierungen, Großunternehmen, innovative KMU und Startups, Universitäten und Forschungseinrichtungen, sowie VC und CVC). Wir finden also alle 5 Interessengruppen auf, aber diese schaffen es oftmals nicht, vorteilhafte Beziehungen untereinander aufzubauen. Die Bayerische Repräsentanz füllt diese Lücke und stellt für beide Regionen Brücken und vorteilhafte Beziehungen her, um Innovationsprojekte in die Wege zu leiten.

In Lateinamerika haben die meisten Unternehmen, und auch die KMU, angefangen, sich mit dem Thema Innovation zu befassen, aber viele wissen nicht unbedingt, wie sie die Innovationsreise beginnen sollen. Deshalb kann die Bayerische Repräsentanz ein guter Partner sein, um Innovationsmöglichkeiten zu identifizieren und passende Lösungen zu finden oder zu entwickeln. Startups dagegen schaffen innovative Lösungen für aktuelle und neue Probleme, haben aber Schwierigkeiten, mit den Unternehmen in Kontakt zu treten. Die Bayerische Repräsentanz kann sie mit diesen Unternehmen zusammenzubringen. Deshalb unterstützt die Repräsentanz vor allem KMU sowie Startups dabei, die Potentiale der Innovation für sich zu erkennen, neue Innovationsprozesse zu nutzen und entsprechende Geschäftsmodelle auch im Ausland zu identifizieren.

Ferner müssen die lateinamerikanischen Rohstoffindustrien ihre Produktion langfristig sicherstellen können, indem sie nicht nur effizienter produzieren, sondern auch für positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft sorgen. Sie benötigen hierfür integrale Lösungen, die zur Erhöhung der Rohstoffproduktivität, nachhaltigen Rohstofferschließung- und -gewinnung, Steigerung der Ressourceneffizienz, Schließung von Stoffkreisläufen und Recycling, sowie z.B. zu einer nachhaltigen Land- und Wasserwirtschaft beitragen.

Lateinamerika kann dies nicht allein machen und benötigt dringend Innovationspartner. Da die Innovationskapazität laut des Weltwirtschaftsforums in den südamerikanischen Ländern schwach ist und dazu der Schlüsselfaktor für die Wertschöpfung ist, kann ein Technologie- und branchenoffenes Arbeitsprogramm für bayerische KMU und Startups zusammen mit wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen, die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der lateinamerikanischen Unternehmen nachhaltig unterstützen.

Um das notwendige Vertrauen aufzubauen, das die globalen Allianzen für die bayerischen KMU ermöglichen, unterstützt die Bayerische Repräsentanz für Südamerika bayerische Unternehmen und Startups dabei, die neusten Marktentwicklungen in Argentinien, Chile, Kolumbien und Peru kennenzulernen und die Marktchancen mithilfe von Innovationsprojekten zu nutzen. Damit möchte die Bayerische Repräsentanz die Bayerische Innovationsstrategie auch international umsetzen und durch internationale Vernetzung von Akteuren und Initiierung neuer Innovations- und Wertschöpfungsnetzwerke einen Beitrag leisten.

Unsere strategische Fokusthemen hierfür sind:

  • Nachhaltigkeit (Kreislaufwirtschaft, Umwelttechnik, Bioökonomie)
  • Digitalisierung (Industrie 4.0, KI, Cyber Security, KI, Blockchain)
  • Klimawandel (Erneuerbare Energien, Waste to Energy, Wasserstoff)
  • Innovation & Startups (Open Innovation, Corporate Venturing)

Für welche Belange können unsere Clustermitglieder auf Sie zukommen?

Das Bayerische Repräsentanzbüro für Südamerika mit Sitz in Santiago de Chile unterstützt seit 2013 die außenwirtschaftlichen Aktivitäten und die Aktivitäten des Standortmarketings des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und trägt zur Pflege der Partnerschaft mit Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru und seit Juli 2023 auch mit Uruguay bei. Hauptzielgruppe der Aktivitäten der Repräsentanz sind bayerische Unternehmen, die bayerischen Wirtschaft und potenzielle Investoren für Bayern.


Lernen Sie am 26. Juni die 30 Bayerischen Auslandsrepräsentanzen in Nürnberg persönlich kennen und erfahren Sie, wie diese Ihnen helfen neue internationale Märkte zu erobern.

📅 26.06.2024

🕑 19:00 – 22:00 Uhr

🚩 IHK Nürnberg für Mittelfranken, Hauptmarkt 25/27, 90403 Nürnberg

Pamela Valdivia, Leiterin der Repräsentanz ist seit September 2013 für das Büro tätig. Sie hat Abschlüsse der Universität Adolfo Ibañez in Business Administration und der Universität Santiago de Chile in International Business. Davor hat sie unter anderem für die Auslandshandelskammer in Chile und für das chilenische Außenministerium gearbeitet. Sie spricht Spanisch, Englisch und Deutsch. [1]