Isocyanate ohne Phosgen und mittels Kohlenstoffdioxid herstellen? Das geht? CPO Marlene B. von CYNiO erklärt uns im Hot Seat Interview welche Rolle die Uni-Ausgründung dabei spielt.
Liebe Marlene, kürzlich habt ihr erfolgreich eine Exist-Förderung erhalten, herzlichen Glückwunsch! Gib uns bitte einen kurzen Überblick zu CYNiO, wo ihr herkommt und wo ihr aktuell steht.
CYNiO ist ein Ausgründungsprojekt der TU Bergakademie Freiberg, das auf einer über zehn Jahre alten Entdeckung am Institut für Anorganische Chemie basiert: die Herstellung von Isocyanaten mit CO2. Heute besteht unser dynamisches Team aus drei Wissenschaftlern und einer gründungserfahrenen Betriebswirtin, die gemeinsam die Vision haben, diese neuartige Technologie in die Industrie zu bringen und die Chemiebranche nachhaltiger zu gestalten. Ermöglicht wird unser Vorhaben durch das EXIST-Gründungsstipendium des BMWK. Im kommenden Jahr steht uns eine aufregende Herausforderung bevor: wir werden unseren patentierten Prozess weiter skalieren und unser Geschäftsmodell weiterentwickeln. Unser Ziel ist es, aus dem Gramm-Labormaßstab heraus zu kommen, um schon bald unternehmerisch tätig werden zu können.
Isocyanate sind Bulk-Chemikalien und nur wenige Chemikalien aus dieser Gruppe sind kommerziell erhältlich, die strukturelle Vielfalt ist sehr eingeschränkt. Wo kommt CYNiO hier ins Spiel?
Da wir Isocyanate ohne das hoch toxische Phosgen herstellen, entfallen aufwändige Sicherheitsvorkehrungen, die normalerweise damit verbunden sind. Unser Verfahren besticht durch seine prozesstechnische Flexibilität und ist sowohl für aromatische als auch aliphatische Isocyanate geeignet. Dadurch sinkt die Hürde, neue Synthesen anzugehen, erheblich. Mit dieser innovativen Methode können wir zukünftig eine größere Vielfalt an Spezial-Isocyanaten anbieten, als es der aktuelle Markt ermöglicht.
Die heutige Zeit stellt die chemische Industrie vor viele große Herausforderungen u.a. im Bereich der Nachhaltigkeit und Lieferkettensicherheit. Wenn wir einmal in die Zukunft schauen, welche Rolle kann CYNiO bei der Transformation übernehmen?
Die ganze Welt arbeitet daran, Lösungen für das Übermaß an CO2 in der Atmosphäre zu finden. Es ist absehbar, dass Technologien zur Bereitstellung von grünem CO2 effektiver werden und grünes CO2 als Rohstoff vermehrt verfügbar sein wird. Genau hier kommen-Prozesse wie unserer ins Spiel. Wir möchten das Potenzial unserer Technologien aufzeigen und mit diesen als Werkzeug die chemische Industrie nachhaltiger gestalten. Gleichzeitig wollen wir sicherstellen, dass die Isocyanatproduktion in Europa zukunftsfähig bleibt. Denn dort möchten wir produzieren – im Herzen von Europa. Damit der Kunde weiß, wo die Isocyanate herkommen.
Gibt es noch etwas, was Sie unseren LeserInnen mit auf den Weg geben wollen?
Ja, gerne! Auch wenn wir unseren Kunden zukünftig eine breite Palette neuartiger Isocyanate anbieten möchten, wissen wir, dass bereits viele Produkte mit herkömmlichen Isocyanaten hergestellt werden. Daher suchen wir Partner und Kunden, die bereit sind, unsere CO2-basierten Mono-Isocyanate in ihren Produktionsprozessen zu testen. Wenn Sie interessiert sind und gemeinsam mit uns die Chemie nachhaltiger gestalten möchten, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.
Marlene Baumhardt ist eine erfahrene Chemikerin in Themenbereichen, wie Inertgastechnik, Siliciumchemie, organische Chemie, Polymersynthese, Isocyanate, Chlorsilane, Siloxane durch ihre Erfahrung als biologisch-technische Assistentin, aber auch Promotionsarbeit an der Technischen Universität Freiberg. Mittels des EXIST-Stipendiums wird der Weg zur Firmengründung geebnet. Hier wird sie zusammen mit drei weiteren KollegInnen die Firma CYNiO aus der Universität ausgründen und dort die Position der CPO einnehmen.