Hot Seat: Dr. Stefan Dick

Datum: 04 Mai, 2022

Herr Dr. Dick, Sie sind Geschäftsführer der Südstärke GmbH. Sie stellen pro Jahr Stärke aus 600.000 t Kartoffeln her. Welche Produkte stellen Sie neben der klassischen Speisestärke her und für welche Anwendungen sind diese Stärke-Derivate gedacht?

Kartoffelstärke ist ein unglaublich vielseitiger nachwachsender Rohstoff mit buchstäblich Tausenden von Anwendungen. Native Stärke, wie sie direkt aus der Kartoffel gewonnen wird, wird beispielsweise als klassische Speisestärke, in Snackprodukten, Fertiggerichten und für die Oberflächenbeschichtung hochwertiger Spezialpapiere verwendet. Ein Großteil der Stärke wird von uns modifiziert und findet Anwendung bei der Herstellung verschiedenster Lebensmittel wie TK-Pizza, Ketchup, Würzsoßen, Backmischungen, Cremefüllungen und veganen Fleisch- und Milchersatzprodukten. Spezielle chemische Derivatisierung ermöglicht den Einsatz von Stärke in der Leimung von Papier, als Klebstoff und in der Chemieindustrie.

Wo sehen Sie in Ihrer Branche die aktuellen Herausforderungen? Sehen Sie erste Auswirkungen des Klimawandels?

Brandaktuell sind die explodierenden Energiepreise, die gerade Unternehmen mit energieintensiven Prozessen stark unter Druck setzen. Daneben ist die langfristige Sicherung unserer Rohstoffversorgung ein Hauptaugenmerk: Schon jetzt wandert jede dritte in Bayern erzeugte Kartoffel durch unsere Werke, wie können wir den Anbau von Stärkekartoffeln für die Landwirte langfristig profitabel gestalten und den Stärkeertrag nachhaltig erhöhen? Dabei betrifft uns der Klimawandel als südlichster Kartoffelstärkehersteller in Europa ganz besonders, und wir arbeiten im Rahmen eines BayKlimaFit-Projekts mit Züchtern und akademischen Partnern an den hitze- und trockentoleranten Kartoffelsorten der Zukunft. Und natürlich liegt mir als Chemiker die Weiterentwicklung unseres Kunden- und Produktportfolios am Herzen: Schwerpunkte der Entwicklung sind funktionelle „Clean-Label“-Stärken für die Lebensmittelherstellung, die ohne die bei manchen Verbrauchern unbeliebte chemische Modifikation auskommen, sowie die Forschung an Spezialstärken zur Verbesserung der Barriereeigenschaften von Papierverpackungen im Lebensmittelbereich.

Der CCB hat eine Vorort-Vernetzung initiiert, was erwartet Sie sich davon? Was versprechen Sie sich in Zukunft von der Zusammenarbeit mit Clustern?

Wir haben schon heute das Prinzip der „Zero-Waste-Factory“ verwirklicht, und alle Inhaltsstoffe der Kartoffel werden verwertet. Ein Hauptgesichtspunkt unserer Vernetzungs-Aktivitäten mit dem CCB ist die Steigerung der Wertschöpfung durch neue Ideen bei der Verwertung unserer Produktnebenströme wie Pülpe, Kartoffelfruchtwasser, Protein und Biomasse. Durch die Zusammenarbeit mit Clustern entstehen auch neue Ideen für Erweiterungen des Produktportfolios für unsere globalen Kunden und  Denkanstöße für neue Technologien und Verfahren.


Stefan Dick hat an der LMU München Chemie studiert, in anorganischer Strukturchemie promoviert und war anschließend bei der Süd-Chemie AG in Deutschland und USA in verschiedenen Unternehmensbereichen in Forschung, Entwicklung, Vertrieb und Marketing tätig. Von 2013 bis 2013 verantwortete er beim Spezialchemiehersteller Clariant Entwicklung, Vertrieb und Marketing von Funktions-Mineralien in EMEA und global das Nachhaltigkeitsmanagement. Seit 2018 ist er Geschäftsführer der Südstärke GmbH.

Zur Homepage der Südstärke GmbH: Link