Herr Dr. Reinisch, Ihr Unternehmen hat eine besondere Herangehensweise zur Unterstützung betrieblicher Innovations- und Transformationsprozesse entwickelt. Können Sie uns diese bitte kurz erläutern?
Die Herangehensweise bezieht sich in erster Linie auf die drei Aspekte: Haltung, Struktur und Umsetzung. Wir sehen uns bei Motius nicht als klassischen Dienstleister, sondern als Innovationspartner. Diese Haltung schafft bereits vorab eine bessere Kommunikation und ermöglicht dazu bei jedem Thema mehr Offenheit und eine bessere Lösung. Darüber hinaus arbeiten wir mit einer fluiden Struktur. Dies vereint augenblicklich 65 festangestellte Mitarbeiter und über 900 freie Entwickler / Researcher vor allem im Süddeutschen Raum. Unser Durchschnittsalter liegt bei etwa 30 Jahren, also weit unter dem der meisten Firmen. Junge, smarte Techies in Kombination mit dem Domain-Wissen und der Erfahrung der Firmen: da entsteht manchmal etwas Magisches. Wenn es dann in das Projekt geht, arbeiten wir häufig – ähnlich wie Google – mit Design Thinking und Rapid Prototyping um schnell konkret zu werden, auszuprobieren und die Entwicklung so effizient wie möglich voranzuführen.
Ihr Unternehmen hat bislang überwiegend Großunternehmen, z. B. große Finanzdienstleister oder Automobilhersteller, als Kunden. Welche Unterstützung können Sie kleinen und mittleren Industrieunternehmen anbieten?
Die Bandbreite unserer Partner ist relativ breit. Diese reichen von Weltkonzernen, wie BMW, Siemens und Allianz, über mittelständische Unternehmen wie Rational, Rosenberger, Stern-Wywiol, HAWE bis hin zu Ein-Mann-Unternehmen, die mit uns ein Patent entwickeln und sichern wollen.
Wo ergeben sich aus Ihrer Sicht Handlungsansätze in der chemischen Industrie?
Für die Chemische Industrie sehe ich sehr große Chance in Zeiten von und nach Corona. Drei Dinge sehe ich hier als entscheidend. 1. Die Supply Chains werden lokaler, was mehr Automatisierung und Digitalisierung zur Kosteneinsparung voraussetzt. 2. Sowohl Firmen als auch Konsumenten werden in Zukunft digitale Produkte und Prozesse (Data & AI) besser akzeptieren und sogar fordern, da sie robuster, leistungsfähiger und günstiger sind. 3. Viele Firmen werden ganz neue Marktsegmente erschließen können, da alle Prozesse und Produkte gerade die Aspekte Hygiene und Gesundheit als Wert stärker gewichten (sollten). Bei allen drei Punkten können wir mit Motius ansetzen und bereits auf Erfolge zurückblicken. Ganz konkret haben wir z.B. gerade mit einem Unternehmen aus der Chemiebranche ein Projekt abgeschlossen, bei dem es darum ging, den eigenen USP einer ganz bestimmten Folie für die Automobilindustrie auf neue Arten zu nutzen.
Inwiefern können sich Ihr Unternehmen und unsere Clusterinitiative in ihrer Arbeit gegenseitig ergänzen?
Als R&D Unternehmen ermöglichen wir unseren Partnern den Zugriff auf ein breites Spektrum an neuen Technologien. Durch unsere Erfahrung mit Innovationsprojekten können wir Unternehmen helfen, wirklich out of the box zu denken und an den Erfahrungen anzuknüpfen, die wir in den verschiedensten Branchen gesammelt haben. Unsere Technologieexpertise erlaubt uns anschließend in die direkte Umsetzung und Entwicklung überzugehen. Wir sind ehrlich gesagt froh, kein Beratungsunternehmen zu sein, sondern die Ideen, die wir gemeinsam gestalten auch direkt und unabhängig umsetzen zu können. Damit kommen wir oft viel schneller zu ersten Ergebnisse – und genau darum geht es bei Innovation.
Dr. David Reinisch studierte Volkswirtschaftslehre an der LMU in München und promovierte im Bereich Arbeitsmarktökonomik. Nach seiner Tätigkeit in der Medienbranche, unter anderem als Produzent und Moderator einer Politiksendung im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen, schloss er sich 2015 dem Münchener Think Tank „Zukunftsthemen“ (Allianz) an. Anschließend übernahm er bei der Allianz Deutschland das Thema „Arbeitswelt 4.0“ und wenig später den Bereich Wachstumsinitiativen (Strategy & Growth). Seit 2019 leitet er den Think Tank Munich von Motius, ein R&D-Unternehmen, das Innovationsprojekte für weltweit führende Unternehmen wie BMW, Allianz und Siemens sowie für den Mittelstand umsetzt. Hier ist er hauptverantwortlich für die Themen Business & Business Impact.