Hot Seat: Dr. Andreas Künkel

Datum: 13 Sep, 2022

Heute unterhalten wir uns mit Dr. Andreas Künkel, dem Vice President Biopolymer Research bei der BASF, über seine Motivation Biopolymerforscher zu werden. Wir erfahren außerdem welche Hürden auf dem Weg zu biobasierten und bioabbaubaren Kunststoffen existieren und erfahren welche Rolle BASF hinsichtlich Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft hat.

Herr Prof. Dr. Künkel, Sie sind der Vice President Biopolymer Research bei der BASF. Was hat Sie dazu bewogen Biopolymerforscher zu werden?

Mich hat schon in der Schule die Verbindung von Chemie und Biologie und das Thema Umweltschutz sehr interessiert. In der Biopolymerforschung geht es genau um die Frage, wie die Chemie von Polymeren mit der Biologie zusammenhängt, d.h. welche chemischen Strukturen können von Mikroorganismen biologisch abgebaut werden. Zudem tragen biologisch abbaubare Materialien wie z.B. die kompostierbaren Frucht & Gemüsebeutel zur besseren Sammlung von organischen Abfällen und damit zur Kreislaufwirtschaft bei. Diese Vorteile wurden im „Pilotversuch Straubing: Bayerisches Bioökonomie-Modellprojekt: Bio-Beutel im Praxistest“ (siehe link) sehr klar gezeigt.

Wo sehen Sie die größten Hürden bei der Umstellung von fossilen zu biobasierten, bzw. bioabbaubaren Kunststoffen?

Die von Ihnen angesprochenen Hürden und konkrete Vorschläge zur Überwindung sind sehr gut im Positionspapier „MATERIALIEN FÜR EINE BIOBASIERTE LEBENS- UND WIRTSCHAFTSWEISE“ (siehe link) des Sachverständigenrats „Bioökonomie Bayern“ beschrieben. Ich möchte hier nur zwei Aspekte für Deutschland nennen, die aus meiner Sicht sehr wichtig sind. Das eine ist die Fähigkeit zu einem konstruktiven, lösungsorientierten Dialog, der Innovationen, Technologieoffenheit und konsequentes Handeln miteinschließt. In Deutschland liegt der Fokus darauf, was alles nicht funktionieren kann, gepaart mit einem Hang zur Rechthaberei. In diesem Zusammenhang ist uns Österreich mit dem Bündnis „Mikroplastikfrei Österreich“ deutlich voraus. Hier wird konstruktiv und lösungsorientiert diskutiert und gehandelt, wie das Bsp. „Biosackerl“ zeigt. Das bringt mich zu meinem zweiten Punkt. Wenn, wie im Pilotversuch Straubing zu kompostierbaren Frucht- und Gemüsebeuteln, die Funktionsfähigkeit und Vorteile klar gezeigt werden, sollte diese Anwendung dann auch von der Politik konsequent umgesetzt werden, auch gegen die Partikularinteressen Einzelner. Nur wenn die Umsetzung in konkreten Anwendungen erfolgt, können biologisch abbaubare und biobasierte Kunststoffe auch tatsächlich wachsen.

Wie sehen Sie die Rolle der BASF als Vorreiter hinsichtlich Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft?

BASF ist ein Vorreiter bei diesem Thema. Als erstes DAX-Unternehmen hatte sich BASF klare Ziele zur Reduktion von Kohlendioxid gesetzt. BASF investiert in erheblichem Maße in neue Technologien wie z.B.  ChemCycling*sowie bioabbaubare und biobasierte Materialien. Hierbei werden auch neue digitale Werkzeuge entwickelt und eingesetzt wie z.B. die Vorhersage von Bioabbaubarkeit von Polymeren durch Computermodelle. Zudem arbeitet  BASF sehr intensiv mit Hochschulen zusammen und ist in Initiativen wie dem Bündnis „Mikroplastikfrei Österreich“ engagiert.

* ChemCyclingTM ist der Name eines BASF-Projekts zum chemischen Recycling mit dem Ziel, hochwertige Produkte aus chemisch recycelten Kunststoffabfällen in industriellem Maßstab herzustellen.


Andreas Künkel hat in Marburg Biologie studiert und am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie unter der Leitung von Prof. R. Thauer promoviert. 1999 hat er seine Tätigkeit in der BASF in der Biotechnologie Forschung begonnen. Nach Stationen im Marketing für Feinchemikalien und biologisch abbaubare Polymere (ecoflex® & ecovio®) ist er seit 2010 Leiter der Forschung Biopolymere in der BASF. Der Schwerpunkt liegt auf dem fundierten Verständnis der Bioabbaubarkeit, um dadurch neue Materialien für die Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. Er lehrt an der Universität Marburg.