Hot Seat: Daniel Bochnitschek

Datum: 28 Apr, 2023

Daniel, als Geschäftsführer und Mitgründer von AllocNow, sind die Begriffe Zirkularität, Nachhaltigkeit und CO2-Bilanz (Carbon Footprint) Begriffe deiner täglichen Arbeit. Bei AllocNow  versucht Ihr diese Begriffe quantitativ zu belegen. Wie geht Ihr hier vor? 

Viele Unternehmen der chemischen Industrie haben sich anspruchsvollen Nachhaltigkeitszielen verschrieben. Die gilt es nun zu operationalisieren. Wir helfen dabei, indem wir mit unserer Software, der Product Sustainability Platform, umfassende Transparenz über Nachhaltigkeitseigenschaften von Produkten schaffen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Steuerung und Priorisierung von Maßnahmen und für die externe Kommunikation.  

Inwiefern geht Ihr hierbei über die klassische Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment, LCA) hinaus und welche Vorteile bietet Euer Ansatz? 

Die allgemeinen Richtlinien für Lebenszyklusanalysen bieten viel Spielraum. Vergleichbarkeit von Ergebnissen ist somit kaum gegeben. Wenn Nachhaltigkeitseigenschaften wie der CO2-Fußabdruck eines Produkts jedoch kaufentscheidend werden, ist das nicht länger akzeptabel. Wir berechnen die Werte daher auf Basis der 2022 veröffentlichten Methodik von „Together for Sustainability“, einer Initiative von über 40 weltweit führenden Chemieunternehmen. Dieser Ansatz wurde im Konsens entwickelt und berücksichtigt die Besonderheiten der chemischen Industrie. Er schafft mit konkreten Vorgaben Einheitlichkeit und so eine Basis für Vergleichbarkeit.  

Ihr ermöglicht somit eine transparente Bestimmung produktspezifischer Carbon Footprints (product carbon footprint, PCF). Und dies nicht nur für einzelne Produkte oder Serien, sondern für komplette Produktpaletten von Großunternehmen. Wie ermöglicht Ihr eine so umfangreiche Analyse? 

Wir ändern die Art und Weise, wie Lebenszyklusanalysen durchgeführt werden. Nicht nur für PCFs sondern auch für viele andere sogenannte Wirkungskategorien einer Ökobilanz. Mit traditionellen Mitteln ist das sehr zeitaufwendig und kostspielig. Meist auch sehr abstrakt auf Basis von idealisierten Literaturwerten und Sekundärdaten. Wir hingegen automatisieren die Berechnung auf Basis von Ist-Daten des Unternehmens und machen sie skalierbar. Das heißt, unsere Software deckt wirklich jedes Produkt eines Unternehmens in all seinen Varianten ab. Das können gut und gerne mehrere tausend sein. Das wäre in Bezug auf Zeit und Kosten mit klassischen Ansätzen schlicht unmöglich. 

Welche Daten benötigt Ihr für die Erstellung eines PCFs und ist dies auch für kleine und mittelständige Unternehmen interessant? Bzw. sollten vielleicht auch Startups, die noch ganz am Anfang ihrer Produktion stehen, sich bereits mit den Voraussetzungen für die Nutzung Eurer Plattform auseinandersetzen und die Grundlagen für die Erstellung von PCFs schaffen? 

Wir nutzen Daten aus ERP-Systemen, Energiemanagement-Systemen und Systemen zum Emissionsreporting. Um repräsentative Werte berechnen zu können, greifen wir auf Daten für eine Periode von 12 Monaten zurück. Grundsätzlich ist unser Ansatz für alle produzierenden Unternehmen mit einem umfangreichen Produktportfolio geeignet. Startups empfehlen wir von Tag eins auf Datenhygiene und eine einheitliche Systemlandschaft zu achten. 


Daniel Bochnitschek ist Mitbegründer und CEO von AllocNow. Gemeinsam mit seinem Team unterstützt er Chemieunternehmen bei der Transformation zu nachhaltigen und zirkulären Geschäftsmodellen. Vor der Gründung von AllocNow war er acht Jahre in der Unternehmensberatung tätig und befasste sich mit strategischen und operativen Fragen in der chemischen Industrie und verwandten Branchen.